[113]  Die Adresse befindet sich auf der Rückseite des Faltbriefes. Sie ist versehen mit der handschriftlichen Notiz "Walesboro, Ind., april 23" und mit den Stempeln "23 APR 27 NEW YORK", "AACHEN 11 6"; "EMDEN HANNOVER 12 5 61" und "BRAMSCHE 12 MAI".

[114]  Unter "Weitekrik" ist notiert: "erh. 16. Mai 61". - Dieser Brief ist vermutlich von der Tochter Sophia Louise in bezug auf Großschreibung und Zeichensetzung verbessert worden. Am 20. Februar 1861 war sie 16 Jahre alt geworden.

[115]  Am 11. Mai 1858 war Minnesota als 32. Staat in die USA aufgenommen worden.

[116]  Im Jahre 1840 hatte Cincinnati 46 338 Einwohner (davon 3400 in Deutschland geborene), 20 Jahre später 161 044 (davon 48 300 in Deutschland geborene). - J. H. zur Oeveste hatte im Winter 1835/36 "bey Wiksburg am Relrod wo künftig Dampfwagen auf fahren werden", gearbeitet, "den Mississipi 1200 Engls Meile hinunter südlich von hier" (vgl. Anm. 30). Ein halbes Jahr zuvor (im Frühjahr 1835) hatte ein Parlamentsausschuß in Indiana festgestellt, dem Verkehr zu Wasser komme unbedingte Priorität zu. Daß Zeit auch Geld sei, gelte für Personen, nicht aber für den Gütertransport. Der Kanalbau wurde zunächst vorangetrieben. 1845 hatte Indiana erst 30 Meilen (48km) Eisenbahnstrecke, 1850 nur 228 (367km) und 1860 schließlich 2163 Meilen (3480km). Seit 1847 konnte man von Columbus nach Indianapolis den Zug benutzen, seit 1853 von Indianapolis nach Cincinnati und weiter an die Ostküste. Das Ehepaar zur Oeveste und die gut 2 Jahre alte Tochter Louise Catharine sind von Walsboro, "fünf Meilen von uns" (vgl. Anm. 156), nach Seymour gefahren und von dort in den Zug nach Cincinnati umgestiegen. (Barnhart II 17-41; Ford 90, 103)

[117]  Die Vettern Beusmann sind nicht den Missouri, sondern den Mississippi "wieder hinauf" gefahren, vermutlich bis St. Paul, und dann überland gut 115 km südwestlich nach Neu Ulm oder den Minnesota-Fluß aufwärts. Vgl. Anm. 111.

[118]  Als J. H. zur Oeveste diesen Brief am 18. April 1861 schrieb, hatte Präsident Abraham Lincoln bereits am 15. April den Zustand des "Aufruhrs" ("insurrection") festgestellt und 75 000 Freiwillige für 3 Monate zu den Waffen gerufen.: Truppen des Staates South Carolina hatten am 12./13. April das der Union gehörende Fort Sumter in der Hafeneinfahrt von Charleston beschossen und eingenommen, bevor die von Lincoln angekündigten Lebensmittellieferungen von See her eingetroffen waren. Die Regierung der südstaatlichen "Konföderation" hatte am 9. April die Einnahme der Festung beschlossen. Sie beendete damit den noch friedlichen status quo - und entzog sich der Verlegenheit, Proviant-Schiffe zu beschießen oder passieren zu lassen.
Abraham Lincoln war am 4. November 1860 zum Präsidenten gewählt worden. Bereits am 5. November schlug der Gouverneur von South Carolina die Trennung von der Union vor. Sie erfolgte am 20. Dezember. Bis Ende Februar 1861 verließen 6 weitere Sklavenstaaten die Union: Mississippi (9.1.), Florida (10.1.), Alabama (11.1.), Georgia (19.1.), Louisiana (26.1.) und Texas (23.2.). Nach der Kapitulation von Fort Sumter folgten Virginia (17.4.), Arkansas (6.5.), North Carolina (20.5.) und Tennessee (8.6.). Die "oberen" Sklavenstaaten, Delaware, Maryland, Kentucky und Missouri, mit einem relativ geringeren Anteil an Großplantagen und Sklaven, blieben in der Union (vgl. Abb.   ). Das umstrittene Kansas (vgl. Anm. 98) war am 29. Januar 1861 als sklavenfreier Staat in die Union aufgenommen worden. Seit dem 18. Februar hatten die "Konföderierten Staaten von Amerika" ihren Präsidenten (Jefferson Davis, 1800-1889), seit dem 11. März ihre Verfassung. Sie betonte die Eigenständigkeit der Staaten in der Konföderation und die Sklaverei als individuelles Besitzrecht. 100 000 Freiwillige wurden am 6. März zur Bildung einer provisorischen Armee zu den Waffen gerufen.
Vergleiche das Stichwort "Secession und Abraham Lincoln".
(Basler II 461-469, III 145-201, 283-325; Bowman 110f.; Boyer 470-483; McPherson 193-262; Morison I 702-732; Schlesinger 276ff., 280; Schneir 2ff.; 76-82)

[119]  Im Mai 1860 hatten erstmals japanische Diplomaten die USA besucht. Amerikanische Kriegsschiffe hatten 1854 die Öffnung japanischer Häfen mit Zollvergünstigungen für die USA und Exterritorialität zur Versorgung ihrer Kriegs- und Handelsschiffe und Handelsniederlassungen "erwirkt". 1858 hatte Japan diese Ansprüche auch Frankreich und Großbritannien gewährt: die USA hatten die Verhandlungen geführt. Vorbild waren die Erfolge Großbritanniens in Asien. Es hatte 1840-1842 die zollfreie Einfuhr von Opium aus Indien nach China durchgesetzt (Opiumkrieg), fünf chinesische Häfen dem europäischen Handel und christlichen Missionaren geöffnet und Hongkong erworben.
Albert Edward, Prince of Wales (1841-1910, seit 1901 als Edward VII britischer König), ältester Sohn von Königin Victoria, hatte von August bis November 1860 die britische Kolonie Kanada und die USA besucht. Präsident Buchanan fand am 4. Dezember 1860 in seiner Adresse an beide Häuser des Parlaments einige freundliche Worte für diese Reise. Sie sei privat gewesen und könne nur den wohlwollenden Umgang beider Regierungen und Völker miteinander bestärken. Zu Ehren des Prinzen wurden die Niagara-Fälle erstmals beleuchtet, "mit gut 200 großen Bengalischen Feuern". Der "Weltbote" berichtete am 5. September 1860, in Kanada habe man "große Bälle" für den "leidenschaftlichen Tänzer" veranstaltet, am 28. August z.B. in einem "eigens erbauten Prachtsaal" mit 2000 Gasflammen und 6000 Personen. Die Zeitung ging am 24. Oktober 1860 mit vielen "Amerikanern" scharf ins Gericht: In Chicago und St. Louis, Cincinnati und Washington, Baltimore und Philadelphia, Boston und Portland habe man "thörichte Ostentationen" gesehen und sich "lächerlich devot" verhalten und das Glück gehabt, "von der königlichen Nasenspitze einen, wenn auch schwachen Schimmer zu genießen". Da wäre "gemessene Höflichkeit" ein "würdiges Verhalten" gewesen, um "sich als Bürger und Bewohner einer großen und mächtigen Republik zu ehren und einem dereinstigen Kronenträger Achtung vor republikanischen Institutionen einzuflößen". Dieser "Sohn einer Königin", der sich nur durch den "Zufall der Geburt ... von gewöhnlichen Menschenkindern" unterscheide, sei nur der "Repräsentant eines Systems ..., das dem Republikaner verhaßt oder doch veraltet und überflüssig erscheinen" müsse. -Der "Queen Victoria" tat ihr "armer Bertie" leid. Sie nannte ihn um 1860 in ihren Briefen an ihre Tochter Victoria (1840-1901, verheiratet mit dem Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, 1888 für 99 Tage König von Preußen und Deutscher Kaiser) wenig attraktiv, träge und faul, verschwenderisch und oberflächlich, nur an Mode und leichtfertigem Müßiggang interessiert und zu groben Scherzen aufgelegt. Als charmanter Bonvivant erschien er der Öffentlichkeit. In Frack und Zylinder mit großer Havanna-Zigarre, im Sessel liegend und die Füße auf dem Kaminsims, im Gespräch mit seinem Vater, der daneben steht, zeichnete ihn die britische satirische Zeitschrift "Punch" am 10. November 1860: "Nun, Sir, wenn Sie noch einen einschenken und es sich bequem machen, erzähle ich Ihnen alles über meine Reise".
(Morison I 686f.; Schlesinger 276; Sitwell 213; Tingsten 91ff.; The Annual Register 159f., 285; Punch 39, 62,185; Weltbote)

[120]  Lukas 11, 17: "Ein jeglich Reich, so es mit ihm selbst uneins wird, das wird wüste und ein Haus fällt über das andere". J.H. zur Oeveste zitiert einen auch von Abraham Lincoln verwendeten Bibel-Vers (vgl. Anm. 118).

[121]  Vgl. Sprüche 21,1: "Des Königs Herz ist in der Hand des Herrn, wie Wasserbäche; und er neiget es, wohin er will"; Psalm 33,15: "Er lenket ihnen allen das Herz, er merket auf alle ihre Werke". Sirach 10,4: "Das Regiment auf Erden stehet in Gottes Händen; derselbige gibt ihr zu Zeiten einen tüchtigen Regenten". - Seine Kirchenzeitung, "Der Lutheraner" (vgl. Anm. 211), hatte am 19. März 1861 einen Artikel ("Unser National-Abgott") aus "einem englischen presbyterianischen Blatte" als "Buß- und Weckruf" nachgedruckt. Das amerikanische Volk habe "den Menschen, nicht Gott angebetet" ("In unserer Constitution ... kommt der Name Gottes nicht vor.") und Amerika zum Land erklärt, von dem "das Licht ausstrahle, das die Finsternis auf Erden zerstreuen werde". Jetzt drohe die Union auseinanderzufallen. "Unsere Union war unser Abgott." Dies "sah der Höchste mit Mitßfallen, und jetzt läßt Er eben diese Union zum Zankapfel für uns werden". Es gelte, "Stolz, Ruhmredrigkeit und Feindseligkeit ... reuig zu bekennen, uns unter die gewaltige Hand Gottes zu demüthigen und den Ausgang ihm vertrauensvoll anheimzustellen ... Die Macht, der wir bedürfen, steht allein bei Dem, der die Herzen der Menschen lenkt wie Wasserbäche". (N.Y. Observer) - Zur theologisch-religiösen Kriegs-Deutung vgl. auch die Stellungnahme im "Lutheraner" zum deutsch-französischen Krieg 1870/71: Anm. 213.
Im "Weltbote(n)" (vgl. Anm. 211) vom 30. Januar 1861 hatte J. H. zur Oeveste lesen können: "Auf der Platform der Compromisse ist die Constitution der Ver. Staaten und die Union aufgebaut worden; auf dieser Platform hat Freiheit geblüht und die Union bestanden - reißt diese Platform nieder und Freiheit und Union stürzen zusammen. Wer gegen Compromisse eifert, beweist statt Kenntnis und Weisheit - Unkenntnis in allen Gebieten des Lebens, Thorheit in Politik und gänzlichen Mangel an Patriotismus."
(Der Lutheraner; Weltbote)

[122]  Zu den "beiden Vettern Beusman" vgl. Anm. 111, zu seiner "frauens Seite" Anm. 48. Die Brüder Wilhelm Heinrich und Friedrich Wilhelm Geist waren am 13. September 1843 (18 Jahre) bzw. am 4. Januar 1847 (24 Jahre) an der "Schwindsucht" gestorben. Es lebten noch die Brüder Heinrich Wilhelm (42) und Caspar Heinrich (49). Im "Cincinnati-City Directory" steht für 1861: "Geist Caspar, carp., 17 Mansfield; Geist, Hy, clk., 389 Main". - Heinrich Wilhelm  (1819-1900) hatte am 19. Juni 1845 die damals 20jährige Caroline Henriette Pottebaum (1825-1885) aus Mecklenburg-Strelitz geheiratet. Zwei Kinder waren im Alter von 4 Jahren (1853) und dreieinhalb Monaten (1856) gestorben. 1861 waren die Söhne Georg Heinrich 15 Jahre und Georg Friedrich 1 Jahr alt. Von den seit August 1841 geborenen 10 Kindern der Eheleute Caspar (1812-1880) und Maria Elisabeth Geist (1818-1882), sie hatten schon in Osnabrück geheiratet, lebten 1861 noch 3 Mädchen (9, 6 und 4 Jahre alt). Nach 6 Geburten waren die Eltern im Jahre 1851 wieder kinderlos. - Louise Regina zur Oeveste, geb. Geist, hatte keine Schwester. J.H. zur Oeveste meinte mit der "Schwester" vermutlich die Schwägerin Anna Maria Henriette Wissmann. Sie hatte am 31. Oktober 1844 Friedrich Wilhelm Geist (gest. 1847) geheiratet. Deren Tochter Maria Caroline Wilhelmine wurde am 10. Februar 1847 geboren. (William; Norddeutsche Lutherische Kirche, Cincinnati: Kirchenbücher)

[123]  Es mag sich um die hier wiedergegebene kolorierte Daguerreotype gehandelt haben. Sie ist in einem mit Samt ausgekleidetem Holzkästchen nach Rieste "übersandt" worden. Das Porträt der Tochter Louise Catharine ist nicht erhalten.