[149] Der Briefbogen trägt auf
der Rückseite (statt "Rudolph Heinrich") die Anschrift "Johann Heinrich
zur Oeveste in Osnabrück" (vgl. Anm. 145).
Der Brief enthält einige Korrekturen (Großschreibung, Satzzeichen),
vermutlich von der Tochter Sophia Louise (vgl.
Anm. 114).
[150] Carl Georg Heinrich Geist wurde am 25.
April 1846 in Cincinnati geboren. Er ist am 15. März 1876 gestorben.
Seine Eltern waren Heinrich Geist (1819-1900) aus Hasbergen und Caroline
Pottebaum (1825-1885) aus Mecklenburg-Strelitz. Sie hatten am 19. Juni
1845 in der Norddeutschen Lutherischen Kirche geheiratet. Der "Schwager"
Heinrich war zusammen mit seinen Eltern und seiner Schwester Louise Regina
Geist am 16. Oktober 1838 in Baltimore eingetroffen. Vgl.
Anm. 48. (Norddeutsche Lutherische Kirche: Kirchenbücher)
[151] Vgl. Anm.
144.
[152] Dieser Brief hat seinen Adressaten in
Osnabrück nicht mehr erreicht. Heinrich zur Oeveste war schon am 28.
Oktober 1863 mit dem Dampfer "New York" in New York eingetroffen (vgl.
Abb.).
In einem Brief vom 18. August 1863 hatte er seinem "Herzen Luft" gemacht
und den Eltern seinen "größten Wunsch" mitgeteilt, schon im
Herbst "hinzureisen": Der Krieg sei "allem Anschein nach bald aus", dann
wolle er vor den anderen "schon einige Dollar verdient haben". Es sei Geld
und Zeitverschwendung, noch zu warten, weil "junge Leute in Amerika jetzt
sehr gutes Geld verdienen können". Und schließlich sei "Kettler
aus Vörden ... jetzt (aus New York) zum Besuche hier"; er könne
mit ihm "zusammen reisen, da es sehr angenehm ist, wenn man einen Gesellschafter
hat, welcher schon dort gewesen ist". Er denke immerzu an Amerika. Er habe
nun "3 1/2 Jahr in einem Gefängnisse gesessen", und so "dürstet
man sehr nach freier Luft". Er empfahl den Eltern, sich bei Kettler "gefl
(zu) erkundigen, wie es in Amerika ist." Er fügte ein Postskriptum
hinzu: "Lieber Vater komm doch bald, die Banden die mich hier fesseln zu
lösen." Der Vater kaufte ihn Mitte September aus der Lehre frei: Am
2. Oktober wurde ihm "die erbetene Bescheinigung behuf seiner Auswanderung
nach Amerika" von der "Königlich-Hannoverschen Landdrostei zu Osnabrück"
erteilt: "cito", d.h. eilig. Er durfte das Königreich Hannover verlassen,
weil er "in das dem dienstpflichtigen Alter vorhergehende Jahr noch nicht
getreten" sei, müsse aber im "Falle der Rückkehr innerhalb dienstpflichtigen
Alters" seine "Militärpflicht" erfüllen. "Aus dem Staatsverbande"
wurde er nicht entlassen.
Die "New York" (2 966 Tonnen) verließ Bremerhaven mit 400 Passagieren,
darunter "Henry Kettler" (23), gefolgt von "Herm. Pipmeier" (17) und "R.
v. Oeveste" (17) aus "Riste", "Hey Mehmers" (16) und "Caroline Maywitch"
(17) aus "Espe", "Marie C. Breker" aus "Voerden" (23) und "Ludw. Jille"
(23) aus "Arsthausen", alle im Zwischendeck. Am 28. Oktober 1863 waren
sie in New York.
Am 27. November 1863 schrieb Heinrich zur Oeveste seinen Eltern, er
habe in New York (heute Manhattan), zunächst eine Stelle in
einem Lebensmittelgeschäft gefunden, habe sie wegen starker Erkältung
aufgegeben, dann eine Anzeige in die "englische Zeitung" gesetzt und sei
darauf in Williamsburg (heute Queens) - "man kann in ungefähr 10 Minuten
mit dem Dampfschiffe hinüberkommen" - von einem "Irländer ...
engagiert" worden, der in seinem "Manufacturgeschäfte ... viele Geschäfte
mit Deutschen macht. ... Ich bekomme im Anfang freie Kost und Logis und
auch Wäsche sowie monatlich 8 Dollar Salair, dies ist gerade so viel
als wenn ich 6 Dollar bekomme per Woche und muß mich selbst beköstigen."
Heinrich zur Oeveste hatte in Osnabrück neben seiner kaufmännischen
Lehre die private "Noellesche Handelsschule" besucht. Friedrich Noelle,
Lehrer am Ratsgymnasium, hatte sie 1838 gegründet. Morgens von 7-8
und abends von 9-10 lernten die Schüler über 3 Jahre Schönschreiben
und Deutsch, Französisch und Englisch, Kaufmännisches Rechnen
und Buchhaltung. H. Nölle habe gesagt, "wer Lust hätte nach Amerika
der müße jetzt hingehen nach England und von da sofort nach
Ankündigung des Friedens nach Amerika abreisen. ... In Newyork sind
augenblicklich 80 Personen, welche früher alle auf Nöllen Institute
gewesen sind" (Brief vom 18. August 1863).
Heinrich zur Oeveste schrieb, Ludwig Jütte ("Ludw. Jille" auf
der Passagierliste) wolle sich als Soldat anwerben lassen, weil er kein
Geld mehr hat und auch gar keine Lust zum arbeiten, er bekommt dann 900
Dollar Handgeld" (Brief vom 27. November 1863). Laut "Übersicht der
im Jahre 1863 stattgefundenen Auswanderungen und Einwanderungen" der "Landdrostei
Osnabrück, Amt Vörden" hatte er "an Vermögen ungefähr
150 Reichsthaler" mitgenommen.
Recht arg hatte es im gleichen Jahr den "Schmiedegesellen Christian
Heinrich Stichweh" (36), ebenfalls aus Bramsche, getroffen. Er war im "Werkhaus
Möringen" bis zum 10. Dezember 1862 inhaftiert, "hatte den Wunsch,
nach Amerika auszuwandern", bekam "48 Thaler vom Magistrat zu Bramsche"
und dazu von der Landdrostei Osnabrück einen Reisepaß, "in dem
übrigens nicht bemerkt sein darf, daß er ein entlassener Sträfling
ist". Dem Stichweh sei "in seinem eigenen Interesse Stillschweigen über
seine Entlassung aus dem Werkhause aufzulegen, weil sonst seine Landung
in Amerika gar nicht gestattet werden wird". Das Geschäft vermittelte
der Agent Aukele in Geestemünde bei Bremerhaven, welcher (von den
hannoverschen Behörden) "mit der Besorgung derartiger Angelegenheiten
betraut zu werden pflegt". Mit dem Segler "Stella" war er am 16. Februar
1863 in New York eingetroffen. Am 15. September 1863 schrieb er aus dem
"Hospital Wards Island, New York" dem "Herrn Amtmann von Platow, Vörden",
daß ihn "das Unglück in allen Gestalten umringt" habe. Seit
der Abfahrt aus Bremerhaven sei er "von die Lungenentzündung befallen,
... liege ... nun schon seit 8 Monaten" im Hospital, habe kein Geld mehr
und solle in ein anderes Hospital, "wo nur Irländer hausen: ... wenn
ich unter diese rohen, bestialischen Menschen, die in der Regel voller
Ungeziefer sind und nur englisch sprechen, kommen sollte, so müßte
ich rein umkommen". Lieber ziehe er es vor, sich "wieder nach Deutschland
schiffen zu lassen". Christian Heinrich Stichweh bat um "einige Thaler
Geld", um "in diesem Hospital ... unter Deutschen" bleiben zu können.
(Familie Schütte: Heinrich zur Oeveste, Briefe; StOs: Rep 335,
Nr 794 ("Heinrich zur Oeveste"); StOs: Rep 350, Bers Nr 888 (Übersicht
1863); StOs: Rep 350, Bers Nr. 1011 (Ausw.-Bescheinigung); StOs: Dep 3bIV,
Nr. 3254 ("Noelle"); StOs: Rep 350 Bers, Nr 899 ("Stichweh"); NAMP: M 237,
R. 235 "New York"; NAMP: M 237, R. 225 "Stella")