ist uns folgendes Protocoll zur Bekanntmachung zugesandt, welches zur Vervollständigung der Correspondenz aus Newyork vom 20. April in Nr. 135 der Bremer Zeitung dient, und zeigt wie die Bewegungen Deutschland’s in Nordamerika aufgefaßt und aufgenommern werden. D:Red.
der am 4ten April 1848 gehaltenen Massen-Versammlung deutscher
Nordamerikaner von Cincinnati und Umgegend.
Die Versammlung organisirte sich im Saale des Courthauses, in
dem sie Herrn Rödter zum Präsidenten, die Herren Klöpfer
und Zeuner zu Vicepräsidenten, und die Herren Stave und Kiderlen zu
Sekretairen ernannte.
Es wurde beschlossen, daß der Präsident eine Commitee
von 7 Herren zur Einbringung im Geiste des Zweckes der Versammlung abgefaßter
Beschlüsse ernenne. Der Präsident ernannte die Herren Rümelin,
Kempf, Lampe, Fein, Wocher, Hesing [Ein geborener Vechtaer. D.Red.] und
Bollinger. Herr Klauprecht wurde eingeladen die Versammlung
anzureden; da derselbe nicht anwesend war, wurde Herr Rehfuß eingeladen.
Kaum aber hatte dieser Herr begonnen, so wurde der Vorschlag gemacht, damit
die Hunderte, welche der Saal des Courthauses nicht fassen konnte, an den
Verhandlungen auch Antheil nehmen könnten, die Versammlung auf den
Platz vor dem Courthause zu verlegen, was auch mit fast allgemeiner Zustimmung
durchgeführt wurde.
Hier hielten nun die Herren Rehfuß und Stallo kurze, aber
eindringliche Reden; worauf die Commitee folgende Einleitung und Beschlüsse
vorlegte, welche von der Versammlung angenommen wurden.
der am 4ten April 1848 gehaltenen Massen-Versammlung der deutschen Nordamerikaner
von Cincinnati und Umgegend.
Länger als ein Menschenalter hindurch lastete dumpfe Gewitterschwüle
auf Deutschland; alles drohte daselbst zu verfaulen, und statt Helden des
Schwertes sah man nun Helden der Feder.
Gottlob, endlich ist’s losgebrochen. Der Blitz, der die durch
die Straßen von Paris zuckte, setzt seinen Weg nach allen Richtungen
fort. Schon hat er auch in Deutschland gezündet; von ihm zerschmettert
liegt die Krone des hessischen Kurfürsten am Boden, und die Kronen
aller übrigen deutschen Zwingherren wanken. Aber der Kampf, der gegenwärtig
begonnen, wird ein blutiger und langdauernder werden; denn all jene Vortheile,
welche das ungetheilte Frankreich in einer einzigen volkreichen Hauptstadt
besitzt, gehen dem zersplitterten Deutschland ab. Dem deutschen Volke fehlte
bis jetzt noch jener Gemeingeist, der selbst den Krieger in Frankreich
beseelt. Dieser, wie die letzten Ereignisse wieder glänzend bewiesen
haben, fühlt sich zuerst und vor allem als Bürger, er macht ohne
Weiteres gemein-schaftliche Sache mit dem Volke, sobald er dessen Wohl
und Freiheit gefährdet sieht.
Anders leider in Deutschland, wo 33 Gewaltherren die Herzen
des Volkes in feindseliger Stimmung gegen einander hielten, und die Einen
durch die Andern knechteten. Bei solcher Lage der Dinge halfen den Deutschen
weder ihre vielgerühmte Wissenschaft und Kunst, noch ihr Gewerbsfleiß
und Erfindungsgeist, noch ihre hundert häuslichen Tugenden. Denn nur
ein freies Volk kann ein großes und mächtiges sein!
Zum Glück hat der gesunde Menschenverstand endlich die
Nebel zerstreut, die dicht auf den Augen des Volkes lagen. Verspottet wird
bereits die feige Weisheit jener Klüglinge, denen Rettung und Hülfe
nur auf dem sogenannten gesetzlichen Wege erscheint. Man ist des Fürstentruges
endlich müde; man will, schon zehn Mal überlistet, nicht zum
eilften Male auf’s Neue wieder in die Falle gerathen; man überzeugt
sich endlich, daß eiserne Fesseln sich nicht mit schönen Worten
ober gar mit demüthigen Bitten sprengen lassen; und, was das löblichste,
von der Einsicht geht man zur That über. Trügen nicht alle Anzeigen,
so steht Deutschland bereits in Waffen; von allen Seiten stürmt das
Volk gegen die Throne an, und die allgemeine Losung ist: ein mächtiger
deutscher Freistaat!
Mit unaussprechlichem Jubel haben wir Alle hier die fröhliche
Kunde aus der alten Heimath vernommen, und ein heißes Verlangen ergreift
uns, an dem Freiheitskampfe unsrer deutschen Stammbrüder auf eine
oder die andere Weise auch uns zu betheiligen.
Allerdings, die weite Entfernung von Europa, Familienbande wie
Berufspflichten legen in Bezug auf eine unmittelbare Theilnahme an jenem
Kampfe den meisten von uns fast unübersteigliche Hindernisse in den
Weg. Nichtsdestoweniger, etwas kann, etwas muß geschehen; denn mit
bloßen glänzenden Redensarten und zierlichen Glückwünschen
ist der Weltgeschichte nicht gedient.
Sowohl unsere eigene Lage in den Verein. Staaten, wie den Stand
der Dinge in Deutschland erwägend, haben wir daher beschlossen und
beschließen wir hiermit, wie folgt:
S. 16 N a r r e n f r a g e
Worin sind alle Deutschen einig?
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