Antonius Holtmann:

Kein Meisterstück oder: Wie "Liwwät Böke" mit fremden Federn geschmückt wurde ....



„Low German Catholic Catechism“

 
Luke Knapke hat diesen „Plattdütsken Katholisken Katekismüs van Didmar Böke = jäohr 1545 = wier Cordt Böke 1667 = bi Bieste Nellinghof“ (138 Doppelseiten mit mehr als 160 Illustrationen) nicht ins Buch aufgenommen, aber dort aufgelistet (194). Von 1819 bis 1827 will „Liwwät“ ihn abgeschrieben haben, also im Alter von 12 bis 20 Jahren. „Liwwät“ hat auf die letzte Seite geschrieben: „ Heww ik schriwen anfang in jäohr 1819 un 1820, 1821, 1823, 1824 un 1827 was et feddig. de Beller hewes ik maol’t. Dat Schiewen is ud dat äülle Schriff van Didtmar Böke (Bieste // Nellinghof // Neinkirken Giergend) wekke häwwet hier in Jäohren 1515 to 1559   -   was he dout. Cord Böke in Jäöhr 1661 hewwe wier aöwer schriewen un ik heff`t de pappern wier twedden maol schriwwen. In Jaohr 1828 was ik Wiesemoer wöern. In Bieste Liwwät.“

Diese Aussage ist falsch. Zahlreiche der dem Text beigefügten Bilder können nicht in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts gezeichnet worden sein, weder das Fabrikgebäude mit weitem Kuppeldach und den ihm zustrebenden Arbeitern im Kapitel „Arbeit un Beroop“(111)(24) noch die moderne Hallenkirche mit Walmdach und eigenständigem schlichten und hohen quadratischen Kirchturm im Stile der 1950er Jahre (113) noch die an Barlach und an die deutsche katholische kirchliche Kunst dieser Jahre erinnernde Gruppe (70) und auch nicht der Missionar mit Hut im von Afrikanern geruderten Boot (auf dem Kongo?) mit einer Kirche im Hintergrund (38). Die Menschen am großen ovalen Konferenztisch haben so nicht getagt zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Und dem Kapitel „Schäimmhoiftigkiet un Keushit“(116-118) sind zwei Zeichnungen zugeordnet, die Salomes Schleiertanz im Kontext der Enthauptung Johannes des Täufers(25) darstellen, dazu zwei barbusige Tänzerinnen, von denen eine Lovis Corinths  sehr erotischem Gemälde „Salome“ (1899) entlehnt sein könnte. Der kaum 20jährigen, nach eigenen Worten um 1827 sehr frommen „Liwwät“ dürfte diese Zuordnung wohl kaum eingefallen sein.


"Liwwät": "Arbeit un Beroop"
Katholischer Katechismus der Bistümer Deutschlands (1956)
Catholic Catechism of the German Dioceses (1956)

Der Text stammt keinesfalls aus dem 16. und 17. und auch nicht aus dem 19. Jahrhundert.

 Unter dem Titel „De Weltmission“(38) steht da u.a.: „In de Mission Lant in Afrika=Assian arbäiten Pastoren, Bröer, Schwester, Katekesten, Lährer-Lährin, Ärzte un annere Hölper. – de Mäisten Missionaren kommt ut Christlüke Lant, - anneren stammt ut dat Missionlant süwer. ... dien Gelt dient de Bau von Kiärken, Schol, un Krankenhüüse.“ Von einer Afrika-Mission und dafür erbetene Geldspenden kann vor den Entdeckungen und dem europäischen Kolonialismus des 19. Jahrhunderts keine Rede sein.

Auch das Kapitel „Dat Sörgen tuusken de Diaspora“ (42-44) stammt keinesfalls aus dem 16. und 17. und auch nicht aus dem 19. Jahrhundert: Die Kirche müsse die Katholiken in der Diaspora „stärken, äs se in glaufen tru bliff“, und sie müsse diese unterstützen mit „Kelch un Mißgewander, Böke, un Seitungschriiff, un vierle annere Dinge in daglike Ümgank. Derto möeten de Glauftigen äs Vordrärgers mit de bedutsame dinge de Gemeinden houlten in de Diaspora. De Bonifatiusverein wiist un bringt herut de verschillene naut vierlemaole, nöirbenbi un wiiteweg.  Kinner in de Schutzengelverein hätt bedutenden meinden in dat Urdeel un elennig Naut“. Der Bonifatiusverein ist 1849 gegründet worden zur Förderung der katholischen Kirche in deutschen lutherisch- und reformiert-evangelischen Regionen. In seinem Rahmen entstand 1921 der Schutzengelverein, um Schulkinder zur Hilfe für Diaspora-Kinder zu gewinnen.(26) Weder 1545 noch 1667 noch 1819-1827 konnte man sich in den Familien Knapke und Böke in Neuenkirchen und umzu Gedanken machen über die Aufgaben von örtlichen Bonifatius- und Schutzengelvereinen.

Den „Plattdütsken Katholisken Katekismüs“ hat es im Hause Böke 1545 und 1667 noch nicht gegeben, und Liwwät Knapke, später verh. Böke, hat ihn auch nicht 1819-1827 abgeschrieben.

Luke Knapke hat angemerkt, der Katechismus sei auf altem Papier geschrieben. Im Jahre 1979 habe ein deutscher Museumsdirektor Vincent Boeke viel Geld für dieses Manuskript geboten und gesagt, man habe davon gehört, aber noch kein Exemplar gesehen. Hätte er es gesehen, wäre ihm schon angesichts der Abbildungen sofort sein in der Schule benutzter Katechismus eingefallen, und er hätte keinen Pfennig dafür bezahlt. Er hätte wohl nachgefragt, wer denn diese Opus abgeschrieben und in so schlechtem Plattdeutsch zu Papier gebracht habe, ganz abgesehen von der Frage nach dem Motiv.(27)

Bei  diesem Katechismus handelt es sich um eine Fälschung und um ein Plagiat.

Weiter: "Ancient German Poetry"


[24] Das Kapitel endet mit diesen Sätzen: „Bi dat Arbeit dürwst wi aff Wiärkenguotts deelnemmen. De Arbeit bringt us Siäegen füär Tiit un alltiit. Verschaffen us un annern dat deglike Braut un föert to Wohlstand, soü übt us,  -  haoll`t Geist un Körper gesunnt.  -  Siet de Sünnenfall ist Arbeit nich mäihr van Lust, sonnern een Last.  -  Guott segg: ‚Im sweeten dien Bleß schoöcht du dien braut iätten’ (I Mos. III – XIX)“.

[25] Vgl. hierzu in der Bibel Matthäus 14, 1-12 und Markus 6, 14-29.

[26] 1964 wurde der Schutzengelverein in Bonifatiuswerk der Kinder umbenannt, 1967 der Bonifatiusverein in Bonifatiuswerk der deutschen Katholiken. Seit 1923 gibt es in den USA die St. Boniface Society, American Branche (www.bonifatiuswerk.de). 

[27] “Low German Catechism. Again a book of old Paper. . . In 1979 a German museum director offered Vincent Boeke much money for this. Said they heard of but never seen one” (Luke Knapke: Protokoll des Gesprächs zwischen mir und Luke Knapke am 28. Mai 1988).   -   Vorlage für dieses Plagiat, für diese verfälschende Zuschreibung und für die Übertragung ins Plattdeutsche war der Katholische(r) Katechismus der Bistümer Deutschlands. Münster: Verlag Aschendorf 1956. Die Abbildungen schuf  Albert Burkart (1898-1982), von 1949-1963 Professor in Frankfurt/Main. (1969 erhielt er den Päpstlichen Sylvesterorden mit Compturkreuz und im selben Jahr das Große Verdienstkreuz vom Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland.)  „Liwwät“, verstorben 1881, hat also dieses 1956 hochdeutsch gedruckte Buch, das in nahezu jeder deutschen katholischen Familie vorhanden war, in den 1970/80er Jahren plattdeutsch abgeschrieben und die dort eingefügten Abbildungen mit einigen Veränderungen, die allzu auffällige Modernität kaschieren sollten, abgezeichnet!.



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