Tote an Bord


Das Gesetz der Vereinigten Staaten zur Regulierung des Passagierverkehrs von 1819 verlangte Passagierlisten und darin die Eintragung, "ob jemand unterwegs verstorben ist, beziehungsweise wie viele verstorben sind." Zahlreiche Tote auf Auswandererschiffen der Jahre 1817/18 - von 5000 in Antwerpen Eingeschifften seien nur 4000 in den USA angekommen - hatten zu dieser Regelung geführt.
Kapitäne werden nicht selten unterwegs verstorbene Passagiere unterschlagen haben. Listen ließen sich leicht auf See neu anfertigen, auf See gestorbene Kinder durch unterwegs geborene "ersetzen". Das Reisetagebuch des Bauernsohnes und Kaufmanns Johann Heinrich Kiesekamp aus Epe bei Bramsche, Bruder des auf der "Magdalene" auswandernden Ernst Kiesekamp (vgl. Anm. 10), verzeichnet am 22. November und am 15. Dezember 1846 an Bord der "Mississippi" den Tod eines dreizehnjährigen Mädchens und eines zwölfjährigen Jungen, während die vom Kapitän Johann Daniel Probst am 23. Dezember 1846 vor den Hafenbehör-den in New Orleans unterschriebene und beschworene Erklärung keine Angaben über verstorbene Passagiere enthält. - Der Schwur des Kapitäns F. Menke der Bark "Oldenburg" vom 10. Dezember 1853 in New Orleans enthält 5 verstorbene Passagiere und eine Geburt.
Am 27. Dezember 1853 landete die "New England" mit 380 Passagieren aus Bremerhaven in New Orleans. Der Kapitän Isaac Orr hat der Passagierliste ein Verzeichnis mit 64 auf See Verstorbenen (14,4 %) beigefügt. In zwei Briefen vom Februar und März 1854 berichteten die Auswanderer August Dreseler und Carl Sieveking von 465 Passagieren und insgesamt 110 Toten (23,6 %) bzw. 65 Gestorbenen bis zum 16. November. Auf kleinen Schiffen Wind und Wellen ausgeliefert zu sein und überstandene Strapazen auf sehr engem Raum und Seuchen an Bord (z.B. aufgrund der Cholera in Europa 1847 und 1853) ließen Segelschiffe besonders gefährlich erscheinen. 1,4 % Verstorbene sind für Reisen nach New York zwischen 1836 und 1853 berechnet worden. Auf Sklavenschiffen nach Cuba waren es zwischen 1821 und 1860 gut 17 %. Die Sterblichkeit betrug 1830 im Königreich Hannover 2,6 %.
1850 fuhr das erste Dampfschiff von Liverpool nach Philadelphia, 1873 der letzte deutsche Auswanderer-Segler von Hamburg nach New York. 1872 kam auf 184 Segelschiff-Passagiere ein Todesfall, aber nur einer auf 2195 Dampfschiff-Passagiere. Dampfschiffe verkürzten die durchschnittliche Reisezeit nach New York von 44 auf 14 Tage, nach Baltimore von 51 auf 17 Tage. (Nachweise: Anm. 7)