Segelschiffe


Seit 1832 gewährleistete das erste bremische Auswanderergesetz den Zwischendeckpassagieren "wenigstens für eine Zeit von 90 Tagen nahrhafte, aber einseitige Matrosenkost ... : Hartbrot, Hülsenfrüchte und gepökeltes Fleisch", dazu Hering und Grütze und Reis und getrocknete Pflaumen, auch Kartoffeln und Sauerkraut, Kaffee und Tee und für die Männer schon mal "vormittags einen Schnaps" und gegen Ende der Reise häufig faules Wasser, das nicht selten direkt aus der Weser in unsaubere Fässer geschöpft wurde. Die bisher und in anderen Häfen weiterhin übliche Selbstversorgung war für Unerfahrene gefährlich, sie konnte jetzt die eintönige Kost gut ergänzen.
Fridrich Arends aus Aurich zog im August 1833 die teure "Cajüte" vor, weil "die Ueberfahrt im Zwischendeck für jeden nur einigermaßen feinern Gefühls immer sehr widerlich" sei. Er aß noch drei Wochen lang frisches Geflügel und Schweinefleisch, Eier und "leicht geröstetes" Pumpernickel. Und "das Wasser war besser als für die übrigen Reisenden, oder vielmehr die Fässer; es hielt sich bis zu Ende der Reise ziemlich gut, überdem war ein großer Filtrierstein vorhanden".
Friedrich Gerstäcker beschrieb 1837 seiner Mutter "sein" Zwischendeck: "Denke Dir einmal einen Raum von ungefähr 11 Schritt Länge 9 Schritt Breite, 8 Fuß hoch, an beiden Seiten mit den Schlafstellen oder Coyen versehn, von denen immer 2 von Brettern genagelt übereinander sind, ungefähr in der Art wo in jeder Coye 10 Mann liegen, 5 oben und 5 unten. ... Denke Dir nun in diesem Raum bei schlechter Witterung 100 und ungefähr 10 bis 15 Auswanderer eingeschlossen, denke Dir ihre Ausdünstung, das Lachen Toben, Uebergeben, Lamentiren, Kinderschreien etc., etc., und Du wirst dann ein ziemlich treues Bild dies Raumes haben!" Briggen waren 20 bis 40 m lang, 5 bis 9 m breit, 3-5 m tief, verfügten über 285-1020 cbm Raumgehalt (100-360 Brutto-Registertonnen) und hatten 7 bis 12 Mann Besatzung. 2 Personen auf 5 Tonnen erlaubte ein amerikanisches Gesetz von 1819, ohne Rücksicht auf die Größe des Zwischendecks und die Menge des Frachtgutes. Erst seit 1848 wurden je Passagier 4,26 qm bei 1,83 m Zwischendeckhöhe verlangt, 6,70 qm bei einer Höhe von 1,52 m. Großsegler mit zwei bis drei Zwischendecks waren die Folge (vgl. Anm. 7).
Mit zweimastigen Schiffen hatte der "Mäkler Lüdering" nicht geworben; er bot in den "Osnabrückische(n) Öffentliche(n) Anzeigen" nur "hohe und geräumige Zwischendecke, so wie elegante Cajüten" auf "rühmlichst bekannten, schnellsegelnden gekupferten dreimastigen Schiffen" an. Die Makler "Westhoff und Meyer" empfahlen in den "Oldenburgische(n) Anzeigen" ein "7 Fuß hohes Zwischendeck" (2,05 m) in dem "besonders schönen, Kupferverbolteten neuen dreymaster Schiff Theodor Körner, Capt. Harenberg, ... vorzüglich zum Transport von Passagieren eingerichtet".
Den Geschwistern Ludwig und Charlotte Schreiber aus Quakenbrück und wohl auch den übrigen 4 Kajütpassagieren blieb im September 1852 auf der Reise von Bremen nach Baltimore "überhaupt nichts zu wünschen übrig": "namentlich die Cajüte ist ganz niedlich eingerichtet", und da gibt es "ein großes Hühnerbauer worin circa 80 Hühner und einige Hähne, 20 bis 25 Enten, für den Cajütentisch aufbewahrt sind; vor diesem ein hölzener Behälter mit zwey ... Ferkeln ..., von denen wir nachher Ragout machen werden." Ihnen erschienen auf der "Goethe", mit "Goethes Werken" in der Kajüten-Bibliothek, die Land(s)leute aus "Damme, Holdorf und Steinfeld" unter den 195 Zwischendeckpassagieren wie "wahre Hottentotten ... , die bey Fressen und Saufen unnütz in den Tag hinein leben ...: die Luken offen entlassen einen Duft wie ich ihn noch nie mehr eingeathmet als davorstehend. Nein! der, welcher einigermaßen auf Bildung und Reinlichkeit Ansprüche macht, laße sich nicht dazu bewegen, wenn er es nur einigermaßen leisten kann, in dieses Gewirr hinein zugehen; Cajüte kostet das doppelte aber man bleibt doch Mensch darin." (Nachweise: Anm. 3)