Methodisten und "feme"
 

Die Erweckungsbewegung der "Methodisten" ist zu Beginn des 18. Jahrhunderts aus der anglikanischen Kirche hervorgegangen, aus einem "Heiligen Club" in Oxford, deren Mitglieder "Methodisten" genannt wurden, weil sie ein sehr geregeltes (religiöses) Leben führten. Auf einer Reise nach Georgia (USA) erfuhr John Wesley als anglikanischer Geistlicher 1738 seine "Erweckung" im Kreise der ersten deutschen Pietisten in Amerika (Herrenhuter Brüdergemeinde). Reiseprediger betreuen die Gemeinden, deren "von neuen gebohrene" Mitglieder ihre persönliche Heilsgewißheit in Buße und Glauben erfahren. - "Reformierte", "sogenannte Evangelische", betonen den liturgiefreien Predigtgottesdienst im kargen Kirchenraum und die 'symbolische Bedeutung' des Abendmahls. Sie glauben an die von Gott entschiedene Erwählung (Prädestination), die sich im frommen tatkräftigen Lebenswandel erweist. - "Lutheraner" finden die Gewißheit der Gnade im Glauben an das Wort Gottes, als Sünder und Gerechte zugleich, denen so die Sakramente der Taufe und des Abendmahls (Realpräsenz: "Dies ist mein Leib ...") heilswirksam werden. - In Preußen hatten die Obrigkeiten 1817 die (konföderierte) Union der lutherischen und reformierten Kirchen mit gegenseitiger Zulassung zum Abendmahl durchgesetzt. Gruppen von Lutheranern wollten dagegen keine "unreinen Altäre". Einige gingen nach Amerika. Vor allem sächsische "Altlutheraner" gründeten 1846/47 die Missouri Synode. Auch am White Creek sorgte sie für einen "reinen Altar", für ein Ende der "Union" der lutherischen und reformierten Laien aus Osnabrück und Tecklenburg im Urwald von Indiana.
In Deutschland ist die erste methodistische Gemeinde 1831 (Hamburg) gegründet worden. Im Königreich Hannover waren die "Herrenhutischen Schriften" seit 1748 verboten.
J. H. zur Oeveste mag mit "feme" kleine Laiengruppen gemeint haben, die seit 1820 im Nordwesten Deutschlands für Unruhe sorgten: sie verweigerten die Kindertaufe, trafen sich in Privathäusern zu Gebet, Gesang und Predigt und verteilten Flugblätter, Schriften und Bibeln. 1834 gründete Johann Gerhard Oncken aus Varel in Hamburg die erste Gemeinde der "gläubig Getauften" (Baptisten), die schon seit dem 17. Jahrhundert in England und in den USA wirkten. Staatskirchliche lutherische Rechtgläubigkeit und um Ausgleich mit der Aufklärung bemühte Seelsorge duldeten mehr oder weniger die "Bußbewegungen" des Pietismus und der Erweckung, "die die biblisch-reformatorische Lehre von Sünde und Gnade" mit ihrer "antirationalistischen Grundhaltung ... wieder zur Geltung bringen wollten" (Beyreuther), so lange sie sich im Rahmen der amtskirchlichen Heilsgebote (Taufe, Konfirmation, Trauung, Gottesdienst) bewegten und allenfalls den "Kaltsinn" der Amtskirche beklagten. Wer sich aber ihren Geboten entzog, machte sich strafbar.
Der Pastor von Tüschendorf (östlich von Bremen im Teufelsmoor) berichtete 1826 von "Separatisten", die sich "nach Herrenhutischer Weise den Bruderkuß geben" und mit den "Pietisten Hand in Hand gehen", und er erbat den "Beistand der Obrigkeit zur Abwendung der Unordnung" (1826). Der Bürgermeister von Hamburg hielt Oncken, der im Teufelsmoor gepredigt hatte, "für einen methodistischen Schwärmer", dessen "geheime Bet-Übungen ... die Polizey zu wehren beauftragt worden ist" (1826). "Mystiker der bekannten Art" nannte die Landdrostei Stade "eine Gesellschaft in hiesiger Gegend" (1831). Der Pastor von Elsfleth berichtete 1850 dem Consistorium in Oldenburg von "circulierenden Gerüchten über Anstoß erregende Ceremonien im Bette des Weserflusses so wie über die ärgernde Verwaltung der Sacramente durch vagabondirende Personen". Kirche und Staat reagierten mit Gefängnis- und Geldstrafen, mit Steckbrief und Ausweisung, mit Zwangstaufe und Verweigerung der Trauung, mit polizeilicher Auflösung von "Winkelpredigten" der "Wiedertäufer". Die Landdrostei Osnabrück hatte schon 1827 Verteilung und Verkauf von "Erbauungs-Schriften" durch "Missionäre", die "in unpassender Sprache abgefaßt sind, dadurch undeutlich werden und leicht zu verkehrten Ansichten führen können", untersagt. Die Oldenburger Regierung konnte 1842 "keinen staatsgefährlichen, unordentlichen Charakter" bei den "Sectirern" feststellen, auch nichts "Irreligiöses und Unsittliches", schlug ihrem Großherzog aber doch vor, "der Vornahme von Taufen so wie der Vertheilung des Abendmahls mit polizeilicher Strafe" entgegenzutreten. Im Königreich Hannover galt seit 1852 die Gerichtsentscheidung, "daß unter den gegenwärtigen Verfassungs-Verhältnissen den Mitgliedern von Secten gottesdienstliche Zusammenkünfte ... nicht mehr verwehrt seyen"; 263 offensichtliche Baptisten zählten hier die Behörden im Jahre 1851.
Die Femgerichte sind im mittelalterlichen Westfalen (13./14. Jhdt.) aus Freigerichten hervorgegangen, die sich als königliche Gerichte verstanden, sich über die Gerichte der Territorial-herren stellten und für die gesamte Bevölkerung hochgerichtliche Zuständigkeit beanspruchten. "Wo immer im Reiche die landesherrlichen Gerichte Recht verweigerten, nahm die westfälische Veme ... das Recht zum Eingreifen für sich in Anspruch" (Hömberg). Seit Ende des 15. Jahrhunderts wurden "des Reichs Gerichte" von der mehr und mehr geordneten Territorialgerichtsbarkeit, nun auch mit Hilfe des Kaisers, zurückgedrängt. Die Femgerichte, zuvor zuständig für todeswürdige Vergehen, wurden bäuerliche Rügegerichte für Bagatellsachen, die 1811 vom (französischen) König Jerome von Westfalen abgeschafft wurden. Femgerichte wurden "Stillgerichte" genannt, als sie, nicht allgemein anerkannt und machtlos, begannen, ihre Urteile heimlich zu finden, zu fällen und zu vollstrecken und ihre Mitglieder sich nur durch Losungen untereinander zu erkennen gaben. Sie hinterließen beim Hingerichteten ihr Femezeichen.
Die von Kirche und Staat zur Heimlichkeit gezwungenen selbstbewußten "Secten" konnten leicht "Feme" genannt werden und als "verfemt" gelten. (Nachweise: Anm. 90)