Indianeraufstand


1851 hatten die Sioux-Indianer 24 Millionen acres (9.696.000 ha; 96.960 qkm) für 3.075.000 Dollar (1 ha = 31 Cents), verteilt auf  einmalige und jährliche Zahlungen über 50 Jahre, an die USA verkauft. Sie behielten zwei Gebiete am Minnesota-Fluß als Reservate. In ihnen lebten auf 725.000 ha (7250 qkm) ca. 7 000 Indianer. 1857/58 drängten und lockten weiße Siedler zum Verkauf von 404.000 ha (4040 qkm) fruchtbaren Landes am nördlichen Flußufer. Den 7000 Indianern blieben noch 321.000 ha (3210 km2). Dieser enge Raum nahm ihnen die traditionelle Lebensform, zerstörte ihre Stammesstrukturen und lieferte sie den Agenten und Händlern aus. Viele wurden demoralisierte Almosenempfänger. Sie waren mit dem Land unzufrieden (kein Waldanteil), hatten nicht den vereinbarten Kaufpreis erhalten und wurden bei den jährlichen Zahlungen und Einkäufen übervorteilt. Sie verloren ihren Respekt vor den Weißen.
Nach Mißernten und einem langen Hungerwinter 1861/62 trafen die für Ende Juni erwarteten Waren und Geldlieferungen erst Ende August ein. Agenten und Händler gewährten nicht den versprochenen Kredit ("Wenn sie hungrig sind, sollen sie Gras fressen"). Nach der Ermordung einer Farmerfamilie durch 3 Indianer drängten die jüngeren Männer des Stammes zum Aufstand, ermutigt durch diese Tat, aber auch, um der Rache der Siedler zuvorzukommen. Am 19. und 23. August 1862 wurde Neu-Ulm (900 Einwohner) angegriffen, am 24. August geräumt. 44 Tote und 60 Verwundete hatte die Verteidigung gekostet. 190 Gebäude waren abgebrannt. 1 370 000 Dollar wurden den Weißen als Entschädigung gezahlt. Der Betrag wurde den an die Indianer zu zahlenden Geldern (1851/1858) entnommen (44,5 %). Die Entschädigungen waren relativ hoch. Auch Plünderungen durch Weiße wurden so abgegolten.
Ein "Deutscher Landverein" aus Chicago hatte Neu-Ulm 1854/55 gegründet, zur "sozialen Emancipation" von Arbeitern, ohne "Pfaffen und Advokaten". Ein "Ansiedlungsverein" des deutschen Turner-Bundes aus Cincinnati übernahm 1856 die Leitung und zog vor allem während der Wirtschaftskrise von 1857-1859 Städter in die "sehr schöne, abwechslungsreich hügelige Landschaft" - wohl auch die Vettern Beußmann.
Alexander Berghold, "kathol. Priester in New Ulm", hat 1872 und 1876/77 über die Ereignisse von 1862 berichtet. Neu-Ulm habe "sich mit wahrem Löwenmuthe" verteidigt. Frauen und Kinder seien bereit gewesen, sich mit "1 Faß Pulver" in die Luft zu sprengen, "sobald die Nachricht von der Einnahme der Stadt bekannt werden sollte". Man habe aber auch in "wahrer Manie Häuser angezündet, ... in blindem Eifer selbst innerhalb der Barrikaden". Und beim Durchzug der gefangenen Indianer habe sich "besonders hitzig und gefährlich ... die weibliche Bewohnerschaft der Stadt" gezeigt. Der Aufstand der Sioux sei ein "Racheakt" gewesen für "die Ungerechtigkeiten und Unbilden, wodurch deren Geduld zuerst erschöpft" worden sei. "Die betrügerischen Agenten hätten wohl ebenso hart wenn nicht härter bestraft werden sollen als die Indianer." Doch diese "Hauptschuldigen genießen in ihren von dem gestohlenen Indianer-Gelde erbauten Palästen die mit dem Blute von tausend unschuldig Erschlagenen befleckte Frucht". Die ungerechte Indianer-Politik der "engherzigen und intoleranten Puritaner" gehe weiter nach einer "Pause im Mißhandeln des eigentlichen Amerikaners".
Im "Lutheraner" (vgl. die Anm. 98 und 211) hat J. H. zur Oeveste Anfang Oktober 1862 lesen können, der "Indianer-Aufstand mit seinen haarsträubenden Gräueln und Schlächtereien unter den Weißen" könne zwar "durch die südlichen Secessionisten" provoziert worden sein: "die Hauptursache sind jedenfalls die jahrelang fortgesetzten Betrügereien der Agenten der Regierung", die die Indianer "endlich die ihnen gelegen dünkende Zeit des Bürgerkrieges benützen ließen, um mit Gewalt eine Besserung ihrer Lage zu erzwingen". Sie seien "arme, vom Teufel aufgereizte und mit Rache und Mordgeist gegen die Weißen erfüllte" Menschen. Die Missionsstation der Missouri Synode sei zerstört. Es sei aber möglich, daß der Verlust "aus den Indianerfonds ersetzt" werde, "wenigstens wäre das nur billig". - Die republikanische "Seymour Times" formulierte am 28. August 1862 eindeutig: "Sie sind zweifellos von Sympathisanten der Sezession und von Rebellen in Missouri aufgewiegelt worden". Dieser achtzeiligen Meldung ("500-1000 ermordete Männer, Frauen und Kinder") folgte am 16. Oktober die einzeilige Notiz: "Der Indianer-Krieg in Minnesota ist, so wird berichtet, zuende". Am 8. Januar 1863 schrieb sie auf der ersten Seite dreispaltig über die "Hinrichtung" von 38 indianischen Mördern" mit der Schlagzeile "Sioux Aufstand bestraft". Der "Weltbote" (vgl. Anm. 211) hatte am 27. August und 3. September 1862 über den Aufstand berichtet und den Agenten und Händlern, aber auch den "wilden" Indianern die Schuld gegeben. Er empfahl den Indianern am 12. November 1862, weiter nach Westen zu ziehen: "desto besser wird es für sie und die Fortpflanzung ihrer Race sein". (Nachweise: Anm. 127)