Antonius Holtmann

Wie man mit genealogischen Daten nicht umgehen sollte:
15 Jahre “Germans to America”

(Das Haus der Bayerischen Geschichte in Augsburg, eine Einrichtung des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst,  hat im Oktober 2002 in Fürstenfeldbruck ein Kolloquium zur Ausstellung „Auswanderung aus Bayern in die USA“ , Herbst/Winter 2003, veranstaltet. Dieser Text ist mein überarbeiteter Beitrag dazu und mein letztes Wort  zur ersten Serie (1850-1897) von „Germans to America“. Die zweite Serie erscheint zur Zeit. Sie deckt die 40er Jahre des 19. Jahrhunderts ab. Ich werde sie zu gegebener Zeit unter die Lupe nehmen.)

Passagierlisten sind häufig die einzige Quelle, um herauszufinden, ob Personen ausgewandert, mit wem sie wohin gegangen und woher sie gekommen sind. Jede(r) Ausgewanderte musste im 19. Jahrhundert auf`s Schiff, durch diese Registratur, durch dieses Nadelöhr.
Bundesbehörden der Vereinigten Staaten von Amerika haben diese Passagierlisten seit 1820 den Kapitänen abverlangt („Act Regulating Passenger Ships and Vessels“, 02. März 1819):

„The captain or master of any ship or vessel arriving in the United States . . . shall . . . deliver . . . a list or manifest of all the passengers . . .;  . . . it shall be the duty of the said master to designate particularly the age, sex, and occupation of the said passengers respectively: the country to which they severally belong and that of which it is their intention to become inhabitants; and shall further set forth whether any and what number have died on the voyage”.
Es ging also um Einwanderer, um deren Alter und Geschlecht, um deren Beruf und um ihre Staatsangehörigkeit und um auf See Verstorbene.
2 Passagiere auf 5 Tonnen Ladekapazität waren erlaubt und Schiffe, die amerikanische Häfen in Richtung Europa verließen, mussten pro Passagier  mit 60 Gallonen (227 Liter) Trinkwasser, 100 Pfund Schiffsbrot, 100 Pfund konservierten Lebensmitteln und 1 Gallone Essig versorgt sein, abgesehen von frischer Nahrung und lebenden Tieren nach Ermessen des Kapitäns.
 Katastrophale Zustände  auf niederländischen Schiffen (1817) hatten als „Katalysator für die Ausarbeitung eines Passagiergesetzes auf Bundesebene“ (Grabbe) gesorgt. Günter Moltmann (Aufbruch nach Amerika. Die Auswanderungswelle von 1816/17. Stuttgart: Metzler1989) und Hans-Jürgen Grabbe (Vor der großen Flut: Die europäische Migration in die Vereinigten Staaten von Amerika 1783 – 1820. Stuttgart: Steiner 2001) haben diese Zusammenhänge untersucht und vor allem das Schicksal der Passagiere der „Hope“ („Hoop“) hervorgehoben: Am 08. August 1817 war sie, von Amsterdam kommend,  nach 86 Reisetagen  an der Quarantänestation Lazaretto vor Philadelphia eingetroffen. Von 346 (!) Passagieren waren 48 auf See gestorben und 46 starben noch in Lazaretto. Und erst am 09. September 1817 lief die „Hope“  mit den Überlebenden  in den Hafen von Philadelphia ein.

Die Liste der „Hope“ ist noch ein vorgedruckter Frachtbrief („Manifest of Cargo“), die „List of Steerage Passengers“ (Zwischendeckpassagiere) nur handschriftlich beigefügt (National Archives Microfilm Publications, weiter unten NAMP  425 Rolle 25).  Die vorgedruckte Passagierliste der „Zwey Gebrüder Johanes & Henerich“ (Hamburg/Calais – New York, 20. März 1820: NAMP 237 Rolle 1) zeigt die neue Qualität auf der Grundlage der gesetzlichen Regelung vom März 1819, auch wenn noch lange Jahre vor allen in Baltimore und New Orleans handschriftliche Formulare mit unzulänglichen Vorgaben akzeptiert wurden. Zumeist geben aber gesetzeskonforme Vordrucke die Antworten vor. Die Liste der „Charlotte & Louise“ (Bremen – New York, 24. Juli 1834: NAMP 237 Rolle 24) zum Beispiel  ist aber auch wie so manche andere über das Geforderte hinaus in den Maklerbüros und/oder an Bord ausgefüllt worden: Vor allem die Herkunftsorte kommen hinzu.

Später wurde dies provoziert durch Vorgaben auf immer wieder veränderten, auch veränderter Gesetzgebung folgenden Formularen (z. B. 1897: 21 Angaben), in Bezug auf Herkunftsorte  zum Beispiel durch Fragen nach „Last Residence“, Province, City or Town“ oder nach dem „Place of Starting“ oder dem „Hailing Place“. Und aus der Frage nach dem Land, dessen Einwohner man werden möchte, wird z. B. „Transient, in Transit or intending protracted sojourn“ (Durchreisender, auf der Durchreise oder Beabsichtigung eines längeren Aufenthalts).
Auswandernde und Makler und Kapitäne haben vermutlich das Erforderliche auch  überboten, weil sie das Denken und Empfinden in lokalen und regionalen Identitäten ganz selbstverständlich artikulierten. Familienforscher und Lokal- und Regionalhistoriker fragen gern die Ortsangaben nach, die vor allem dann begrüßt werden, wenn nicht (nur) „Germany“ und „Prussia“ und „Bavaria“ und „Oberfranken“ registriert sind, sondern selbst Weiler und Bauernschaften.
Sozialstrukturell relevante Daten und deren mögliche Korrelationen bieten sich den Migrationsforschern an, aufgewertet noch durch Digitalisierung. Falsche und ungenaue und nur schwer oder gar nicht mehr lesbare Angaben werfen dabei schon zur Genüge Probleme auf. Um so notwendiger sind Listeneditionen und Datenbanken, auch wenn sie bisher nur Namen- und noch keine Ortsindizes enthalten. Das verlangt kompetente und gewissenhafte Auswertung der Originale und eine ihnen gerecht werdende mediale Vermittlung und zuweilen auch (kritische) Kommentierung, eben historisch-kritische Präzision: Verlässlichkeit. Editionen und Datenbanken müssen den überprüfenden Rückgriff auf die Originale überflüssig machen.
„Germans to America”, GTA, (Glazier / Filby, Ed.: Germans to America. Lists of Passengers Arriving at US-Ports. Bände 1-67 (02. Januar 1850 – 17. Juni 1897). Wilmington, Delaware: Scholarly Resources 1988-2002) ist die jetzt abgeschlossene erste Serie der umfangreichsten auf Deutsche bezogenen Listenedition , die ihre reduzierten Transkriptionen in jedem Band über einen Index erschließt. Die Indizes werden auch auf 2 CD-ROM angeboten (1850-1874; 1875-1888: www.genealogy.com), und die Deutsche Auswanderer-Datenbank, DAD (www.deutsche-auswanderer-datenbank.de), hat Teile dieses Datenbestandes (1850-1891) in ihr Angebot eingefügt.  Alle drei Publikationsformen von „Germans to America“ machen den Rückgriff auf die Originale nicht überflüssig; sie machen den Rückgriff notwendig, gerade auch dann, wenn diese Indizes nichts hergeben.
Die Originale sind vom „Germans to America“-Team nicht kompetent und gewissenhaft ausgewertet worden, und die Daten werden mehr oder weniger unzulänglich medial vermittelt. „Germans to America“ verdient das Urteil „mangelhaft, aber hilfreich“. Hilfreich sind vor allem die CD-ROM und die Buchedition, wenn sie zugeordnet benutzt werden  als Zugänge zu den Originalen. Noch sind nur die Originale zitierwürdig, d. h. verlässlich (Vgl. den Merkzettel mit den 10 Fallstricken im Anhang.).
Die Originale der Ankunftslisten (1800/1820-1897) gibt es als geschlossenen Bestand in Deutschland zur Zeit nur auf den Mirofilmen der National Archives , Washington D:C:, in der Bibliothek (www.uni-oldenburg.de) und  Indizes dazu in der Forschungsstelle Deutsche Auswanderer in den USA, DAUSA (www.dausa.de), der Universität Oldenburg (Vgl. Anhang 2).).
Am 10. Oktober 1992 hat die „Frankfurter Rundschau“ ganzseitig meine erste Kritik an der Buchedition veröffentlicht. 22 Bände waren bis dahin erschienen. Diese Kritik habe ich sukzessive angereichert, schließlich auch unter Einschluss der CD-ROM-Publikation und der DAD (Vgl. die Artikel in www.dausa.de, „Passagierlisten“, zuerst erschienen in der Zeitschrift „Genealogie“ 9/10:1996; 1/2:1999; 11/12:2000; 1/2:2001; 9/10:2001). 10 Jahre mit zahlreichen immer wieder neuen Beispielen belegte Kritik hat nicht zu nennenswerten Veränderungen geführt.
Was hier nun also vorgestellt wird, ist im Ergebnis nicht neu. Nur die Beispiele sind neu. Sie sind im Kontext von Anfragen und diesbezüglichen Recherchen im August und September 2002 angefallen, wobei allerdings schon ein wenig über den Tellerrand des jeweiligen Suchauftrages geblickt wurde. Unzulänglichkeiten in „Germans to America“ muss man nicht monomanisch und mühsam nachjagen: Sie werden einem bei nahezu jeder Recherche mehr oder weniger aufgedrängt.
 
 

Eine alltägliche Anfrage

Mary David aus Rush bei Rochester/New York dürfte in “Germans to America” fündig geworden sein. Die Buchedition (Band 58) kennt in Bezug auf die gesuchte Familie David den Schiffsnamen („Graf Bismarck“), den Ankunftshafen („New York“) und das Ankunftsdatum („23. April 1890“), nicht aber den Herkunftsort („unknown village“), und sie lässt Wilhelm, Albertine und Emil David nach „MI“ (Michigan) reisen. Das Original (NAMP 237 Rolle 546) weiß es besser: die drei kamen aus „Rittershof“ in „Prussia“ (heute Saarland), und sie reisten nach Rochester im Bundesstaat New York (Trotz löchriger Liste noch lesbar als „Roc . . . (New York) im Vergleich mit dem selben Reiseziel des nachfolgenden Passagiers“.). Die Deutsche Auswanderer-Datenbank (DAD) erklärt den sauber geschriebenen Herkunftsort für „unleserlich“ und übernimmt aus der Buchedition das falsche Reiseziel „Michigan“. Dahin wollte der vor den Davids auf der Liste registrierte Passagier. (Die beiden CD`s reichen nur bis 1888.)

Auch Nik. Schott aus Sparneck (Oberfranken) verliert in „Germans to America“ seinen Wohnort, und er wird nach Pennsylvania geschickt, obgleich er doch nach Massachusetts reisen wollte. Die DAD nennt ebenfalls „Pennsylvania“ als Reiseziel und den Herkunftsort abermals „unleserlich“. Zumindest als „Sparn . . .“ ist er zu entziffern und wer sein Vergrößerungsglas und ein Ortsverzeichnis zur Hand nimmt, kommt am bayerischen Sparneck nicht vorbei.
 
 

Die „Ems“ (17. Juli 1885) und ihr Umfeld

Im September 2002 hat Frau Härtl vom „Bayerischen Landesverein für Familienkunde“ um eine Fotokopie dieser Passagierliste gebeten. Die Liste ist sehr gut lesbar und allen Namen ist ein Herkunftsort zugeschrieben (NAMP 237 Rolle 488). Buchedition (Band 52), CD und DAD nehmen ihn all denen, die „Germans to America“ als Deutsche akzeptiert hat, den Eheleuten Kille z. B.  München, und Josefa und Felicitas Thomas z. B. Augsburg. Der Marie Toepper (28 Jahre alt) wird dazu noch  ihr Kind genommen, das sie an Bord zur Welt gebracht hat. In der Liste ist gewissenhaft der Geburtsort eingetragen: „4. Juli 1885, 1.45 A.M., in 49° 23` N, 13° 25` W” (ca. 400 km südwestlich von Irland). Deutsch-Amerikaner fallen eh unter den Tisch. Hier sind es Amalie Oberhardt (23) und ihr 3 Monate alter Sohn Wilhelm, die sich laut Original zuletzt in München aufgehalten hatten. Besuche in Deutschland stehen im Kontext der Migration, ob nun Heimweh eine Rolle spielt oder Kontakte nicht abreißen zu lassen oder die Rückkehr vorzubereiten oder Erbschaftsfragen zu regeln oder ob es darum geht, Verwandte und/oder Bekannte nachzuholen oder dies zumindest zu versuchen. All dies wird unterschlagen.
Über den Tellerrand geblickt: „Neckar“ (6. Juli), „Fulda“ (6. Juli) und „General Werder“ (11. Juli) verlieren ebenfalls alle Herkunftsorte, „Westphalia“ (11. Juli), „Lessing“ (13. Juli) und „Eider“ (18. Juli) immer noch zahlreiche, und die „Suevia“ (6. Juli) geht ganz verloren.
Darüber hinaus liefert „Germans to America“ selbst innerhalb dieses gar nicht weit reichenden Rundblicks vom 6. bis zum 18. Juli 1885 (NAMP 237 Rolle 488) ärgerliche und auch skurrile Einzelheiten.
Auf der „Neckar“ beging Robert Bier (32) Selbstmord: „ jumped over bord the 24. 6.“. Buch und DAD registrieren ihn als „verstorben“, die CD unter der Rubrik „Final Destination: Died on Bord“, an Bord eines Schiffes, dem hier  kein Ankunftshafen zugewiesen wird.
Auf der Liste der „Fulda“ lässt „Germans to America“ „Touristen“  in den USA „verbleiben“, während die „Touristen“ auf der Liste der „General Werder“ mit dem „Zielort: Germany“ und dem „Einreisevermerk: Rückkehr“ registriert sind (DAD). Beides ist falsch: Auf diesem Schiff reisen sie in die USA und das Original enthält nur die Berufsbezeichnung „Tourist“ und den Hinweis „Transient“,  nicht aber einen (amtlichen) Vermerk einer Einreisebehörde: “Rückkehr“: Da kann jemand als Tourist einreisen  und dennoch „verbleiben“. Man weiß es halt nicht und sollte interpretierend gewonnene Bemerkungen unterlassen, die dann auch noch auf der ausgedruckten „Urkunde“ der DAD unzulässig autoritär legitimiert werden: „Quelle: National Archives, USA Manifest Nummer: 38254“. Ein Betroffener, Johan Harfmann, kam laut Original aus München und nicht nur aus „Deutschland“ (DAD) bzw. aus „Germany“ (CD/DAD). Sein Reiseziel waren die USA und nicht der „Zielort:Germany“, und zurückkehren musste er keinesfalls per behördlicher Anweisung . . .  Touristen haben  in der Regel die „Rückkehr“ ins Auge gefasst..
Auf der Liste der „Westphalia“ hat die Territorialgeschichte Deutschlands im 19. Jahrhundert das GTA-Team überfordert. Alfred von Sodenstern  kam aus „Cassel“ in „Hessen Nassau“, seit 1866 preußische Provinz mit dem Verwaltungssitz in Kassel, entstanden aus Hessen Kassel, dem Herzogtum Nassau und der Stadt Frankfurt. Buch, CD und DAD bleiben bei Hessen Kassel, nehmen also die preußische Annektionspolitik nicht zur Kenntnis. Georg Appel aus Hanau (Hessen Nassau) wird in jeder Editionsform anders behandelt: Das Original enthält den korrekten Eintrag „Hessen Nassau“, die Buchedition lässt ihn aus „Hanau“ in „Frankfurt“ kommen, die CD aus „Waldeck Hessen Nassau“ (Waldeck stand seit 1867 unter preußischer Verwaltung und wurde erst 1929 der preußischen Provinz Hessen Nassau zugeschlagen.) und die DAD wieder korrekt aus „Hessen Nassau“.
Nicht korrekt geht die DAD mit der „Eider“ um. Sie heißt  bei Ihr „Eiler“, so auch auf der CD, nicht aber im Buch. Band 52, CD und DAD lassen die Touristen nach „Germany“ reisen.  Das sauber geschriebene „Lübeck“ des Originals ( Herkunftsort von Georg Pflug, 35, tourist, transient) bleibt im Buch und in der DAD erhalten, wird aber auf der CD zu „Luebbecke“. Und dass auch hier der Ankunftshafen fehlt, verwundert in Bezug auf die CD schon gar nicht mehr.
 
 

13. bis 30. November 1857 / Februar 1866

Eva Katharina Winkler (25) soll im November 1857 in New York eingetroffen sein. So viel wusste man. Aber „Germans to America“ hat sie nicht im Index. Wir haben sie aufgespürt, nach zeitraubender und kostenträchtiger Suche auf der Liste der „Southampton“ (30. November 1857). In London war sie an Bord gegangen und nicht in Bremerhaven, wie von den Nachfahren vermutet. Die Liste ist sauber geschrieben, die Namen sind kaum anglisiert. 13 Schiffe aus britischen Häfen mit deutschen Passagieren an Bord fehlen im Buch (Bände 11 und 12) zwischen dem 13. und 30. November 1857, auf der CD, in der DAD NAMP 237 Rollen 180/181).

Das Bild wird noch bunter: die Listen von 31 Schiffen, die mit Deutschen an Bord in kontinentaleuropäischen Häfen abgelegt haben, fehlen in der Buchedition, nicht aber auf der CD und auch nicht in der DAD. Man hatte Ludwig Hartlep (14) aus Bayern nicht im Buch gefunden. Erst unsere CD half weiter. Sie verschwieg aber den Ankunftshafen. Die New-York-Filmrolle mit dem Original führte dann zum Erfolg: „Oldbg. Bark Olympia“, Bremen – New York, angekommen am 25. November 1857.
Der Liste der „Hamb. Bark Johannes“, angekommen am 27. November 1857, erging es nicht anders. Aber leider lassen in diesem Falle CD und DAD 21 Mecklenburger(innen) aus Württemberg kommen. Die CD bringt es darüber hinaus noch fertig, das Schiff in Marseilles in See stechen zu lassen (Das widerfährt vielen Hamburger Schiffen auf der CD.).
Noch ein Blick auf den Februar 1866: Leopold Zander wurde gesucht. Die CD kennt einen L. Zander, 30 Jahre alt, US-Bürger, lässt ihn in Marseilles an Bord  eines namenlosen Schiffes und am 2. Oktober 1866 nirgendwo von Bord gehen. Die Buchedition (Bände 17 und 18) kennt ihn nicht, den eigenen Editionsprinzipien gerecht werdend, nach denen u. a.  US-Bürger, auch Deutsch-Amerikaner, in „Germans to America“ nichts zu suchen haben (auch Österreicher nicht, weder vor noch nach 1866, wohl aber Schweizer und Franzosen.). Der Mikrofilm bietet L. Zander nicht unter dem 2. 10. an, wohl aber, nach vermutetem Zahlendreher, unter dem 10. 2. (NAMP 237 Rollen 261 und 272). Das Schiff hat einen Namen,  „Prinz Albert“, und es kommt aus Hamburg, und es legt in New York an. Im Buch gibt es die „Prinz Albert“ unter dem 2. Februar, aber, wie gesagt, ohne den Amerikaner L. Zander. Die DAD hat ihn weitgehend korrekt in ihrem Datenbestand, lässt ihn aber (via Hamburg !) von den „Vereinigten Staaten“ in die „USA“ reisen.
Einen „Leopold Zander“, auch 30 Jahre alt, zeigt die CD an. Der soll Engländer sein, aus London kommen und in Bremen ein Schiff bestiegen haben, aber der Name des Schiffes und sein   Ankunftshafen und Ankunftstag werden uns vorenthalten. Buchedition und DAD haben diesen Leopold nicht registriert.
16 Schiffe aus Großbritannien fehlen im Februar 1866 in „Germans to „America“ und 6 aus der Karibik. Nur 5 Schiffe aus diesen Regionen hat man in Bezug auf diesen Zeitraum in die Editionen aufgenommen.
Bleiben wir im Jahre 1866. Schiffe aus der Karibik haben nur selten Gnade gefunden beim „Germans to America“-Team. In Bezug auf den 20. Juli 1866 werden dessen Selektionskriterien ad absurdum geführt (NAMP 237 Rolle 269). Die Liste der „Nile“ (Maracaibo – New York) wurde akzeptiert mit „Chr. Martell“, der über New York nach Deutschland, also nicht in die USA einreisen wollte („German(s) to America“?).
Nicht akzeptiert wurde die Liste der „Montezuma“ (Kingston – New York) mit „H. W. Rathje“, dem auf dem Original bescheinigt wird, dass er in die USA einreisen und dort bleiben wollte. Dessen Nachkommen kannten nur den Sommer 1866 als Zeitraum seiner Einwanderung, und sie vermuteten Bremen als Auswanderungshafen. „Germans to America“ hatte sie resignieren lassen. Oldenburgs Mikrofilm-Originale (d.h. die der National Archives), per e-mail an die Forschungsstelle Deutsche Auswanderer in den USA (DAUSA) befragt, brachten den Erfolg: Die Fotokopie der Liste der „Montezuma“ erreichte die Nachkommen per Luftpost. Der 20: Juli 1866 als Tag der Ankunft in New York ist nun im „Familienarchiv Rathje“ dokumentiert.
 
 

Die Familie Saltenberger und ihr Umfeld (1. September bis 29. Dezember 1874)

Am 1. November 1874 sollte sie in New York eingetroffen sein. Die Suche auf der CD: Fehlanzeige (DAD: Fehlanzeige).  Der Index der Buchedition (Band 31) enthält eine Familie „Goltenberger“ („Donau“, Bremen – New York, angekommen am 31. Oktober 1874). Namen und Alter treffen zu. Auf dem Original steht „Soltenberger“ (NAMP 237 Rolle 394). Ein aufmerksamer Blick nach rechts hätte „Goltenberger“ verhindert: Das „G“ im mehrfach geschriebenen „Germany“ hat eine Unterlänge, nicht aber das „S“ in „Soltenberger“. Andere Namen wurden überprüft: Die Liste der „Donau“ ist im Buch berücksichtigt, nicht aber auf der CD und auch nicht in der DAD.
Der Blick zurück und nach vorn:  Im genannten Zeitraum von 4 Monaten enthalten die Angaben zu 132 Schiffen auf der CD keine Abfahrts- und Ankunftshäfen und auch keine Ankunftsdaten. In der DAD sind diese auf der CD fehlenden Daten registriert. Darüber hinaus fehlen 71 im Buch berücksichtigte Passagierlisten auf der CD und in der DAD (NAMP 237 Rollen 393-395).
 
 

Band 67: 1. Januar bis 31. März 1897. Fallstricke bis zur letzten Liste

Es ist der letzte Band (2002) der Buchedition, entsprechend der letzten Mikrofilm-Rolle der New York-Serie 1820-17. Juni 1897 (NAMP ).
In Bezug auf das erste Quartal des Jahres 1897 (NAMP 237 Rollen670-672) fehlen 24 Schiffe aus Europa mit Deutschen an Bord, dazu 23 Schiffe aus Mittel- und Lateinamerika. Nur die „Segurauca“ ( Havanna – New York, 4. Januar)  wurde mit 4 Franzosen und 3 Deutschen berücksichtigt.
Auch für diesen Zeitraum werden von „Germans to America“ Merkwürdigkeiten angeboten, allerdings nur in der Buchedition, weil die Daten noch nicht auf einer CD und auch noch nicht in der DAD vorliegen.
Auf der „Phoenicia“ (Hamburg – New York, 6. Januar) bringt Berta Scerch ein Kind zur Welt. „Germans to America“ registriert es unter „Scheroh“. 5 weitere Passagiere, 24 bis 38 Jahre alt, erhalten den „Vermerk „born at sea“. In Hamburgs Registraturen, 1850-1934, (www.hamburg.de/LinkToYourRoots/welcome.htm) , auf die in keinem der 67 Bände Bezug genommen wird, findet man, wie bei fast allen Fahrten ab Hamburg, auch die Herkunftsorte dieser Spät- oder Wiedergeboren: Braunschweig (Emilie und August Reinecke), Berlin (Hasso von Wedel), Ritzow (Friedrich Conradi), Hannover (Carl Weiss).
Auf der „Germans to America“-Liste der „München“ (Bremen –New York, 29. Januar 1897) kommen nur 3 von 43 Passagieren, auf dem Original aber alle Reisenden aus unbekannten Orten (Das Original enthält keine Ortsangaben.), 40 aber aus „Brooklyn“. Theodor Mohrmann hat es gar nicht weit: Auf dem Weg von Bremerhaven nach New York reist er von „Brooklyn“ (Village Code: AASY) nach „Brooklyn“ (Destination Code: BRO). Damit nicht genug: Reisende, die in Baltimore das Schiff verlassen wollten oder bereits verlassen haben, werden vom „Germans to America“-Team erst bzw. schon in New York von Bord geschickt.
Bei der Bearbeitung der Liste der „Trave“ (Bremen – New York, 30. Januar 1897) ist das GTA-Team dem gleichen Missgeschick erlegen: 68 Passagiere wurden in „Germans to America“ aufgenommen. Die ersten 7 kommen in dieser Edition nur  aus Deutschland, 61 aber aus der  sonnigen Gemeinde „Florida“ in Deutschland. Das Schiff dampfte von Bremerhaven über Southampton nach New York. Nichts davon in „Germans to America“: Die 8 Deutschen, die in England an Bord gegangen sind, hat man kurzerhand Bremen zugeschlagen.
Selbst die letzten 17 berücksichtigten Tage bleiben von der Willkür der Bearbeiter nicht verschont (NAMP 237 Rollen 674/675). 16 Schiffe mit Deutschen auf ihren Listen fehlen.  Auf der Liste der „Patria“ (Hamburg – New York, 4. Juni 1897) kommen im 67. Band von 59 aufgeführten Passagieren 51 aus der deutschen Gemeinde „USA“. 3 Personen lässt das GTA-Team via Hamburg – New York mit dem HAPAG - Dampfschiff von den USA in die USA reisen.
Die Liste der „Bremen“ (Bremen – New York, 17. Juni 1897) ist die letzte auf der letzten Filmrolle der Mikrofilm-Serie 237, New York, 1820-1897 (Rolle 675) der National Archives. Sie hätte auch die letzte in Band 67 der Edition „Germans to America“ sein müssen; die endet ebenfalls mit dem 17. Juni 1897. Sie fehlt (CD und DAD reichen vorerst nur bis 1888 bzw. 1891): Ein bezeichnender Schlussakkord für`s ganze Opus, der dem Auftakt in Band 1 mit der Liste der „Ohio“ (Bremen – New Orleans, 2. Januar 1850) entspricht: 2 Rat(t)erman(n)-Familien zum Beispiel, über New Orleans auf dem Weg nach Cincinnati, dort und bald auch darüber hinaus bekannt und berühmt unter Deutsch-Amerikanern, lässt die Buchedition aus einem „unbekannten Ort“ („unknown village“) in „Germany“ kommen. Im Original (NAMP 259 Rolle 32) ist der Ort im Osnabrücker Artland leicht zu lesen: „Merzen“. Auf der CD wird „Mergen“ daraus, und die ganze Ladung, die Ratermans eingeschlossen, wird durch diesen Datenträger auf die „Fuskina“ (Rotterdam – New York, 25. Mai 1850) und  nach New York verfrachtet. Aber dieser Segler ist im Original (NAMP 237 Rolle 88) schon mit 206 Niederländern und 6 Badensern ausgelastet. Die DAD in Bremerhaven beteiligt sich weder an der realen noch an der virtuellen Reise: Sie nimmt die „Ohio“ mit all ihren Passagieren erst gar nicht zur Kenntnis.
 
 

Ein Nachtrag: Anton(ius) Holtmann

Wie Antonius Holtmann mit „Germans to America“ umspringt, ist offensichtlich. Wie „Germans to America“ mit Anton(ius) Holtmann umspringt, wollte ich aber doch auch wissen. Ein Blick auf den Bildschirm (CD 1850-1874): „Anton Holtmann, Age 25, Last Residence: Prussia, Port of Embarkation: Bremen“. Es fehlen der Schiffsname, der Ankunftshafen und das Ankunftsdatum. Jetzt ist die Buchedition gefordert. Ich arbeite mich durch die einzelnen Indizes zurück, beginnend mit 1874. Im Band 21 stoße ich auf „Anton Holtmann“, 12 Jahre alt, aus einem unbekannten Ort in Deutschland, in die USA gereist mit der „Union“ (Bremen – New York, 25. September 1868). In die CD ist dieser Anton Holtmann nicht eingebrannt, niemand von den Passagieren der „Union“. Das Original (NAMP 237 Rolle 301) liefert im Gegensatz zu Band 21 auch den Herkunftsort des 12jährigen: „Laufenselden“ (bei 65321 Heidenrod). Also suche ich weiter, stoße in Band 18 auf den 25jährigen Anton Holtmann („Astronom“, Bremen – Baltimore, 29. Oktober 1866). Das Original (NAMP 255 Rolle 15) bestätigt Schiffsnamen, Ankunftshafen und Ankunftsdatum.
Diese Angaben bestätigt auch Bremerhavens DAD, und sie bringt mir den von der CD disqualifizierten  12jährigen Anton Holtmann auf den Bildschirm, allerdings unter Verzicht auf den Herkunftsort Laufenselden. Da steht nur: „Letzter ständiger Wohnort: UNBEKANNT“. Anderen auf der „Union“ widerfährt dies hier auch und mehr: Johan Pichtelberger wird zu „Jonah Richtelberger“ (Im Buch: „Johan“!) und er muss, wie auch im Buch,  auf die Herkunftsregion “Oberfranken“ verzichten. . Die DAD lässt Louise Plueske (Im Original mit P wie Pichtelberger; warum wird in „Germans to America“ keine Louise Rlueske daraus nach dem Muster Richtelberger?) aus „Heldburg“ (Thüringen) kommen, nicht aber aus „Herford“ (Westfalen), wie es auf dem Original steht und auch  in Band 21 kodiert ist. Heinrich Potthoff (Mit P wie Plueske und Pichtelberger!) aus Groß Aschen (bei Melle im Wiehengebirge) muss es sich in Buch und DAD gefallen lassen, nicht nur seines Herkunftsortes beraubt, sondern auch  als „Heinrich Petthoff“ nachgewiesen zu werden; identischer könnten die beiden „o“ im Original (Nr. 316) nicht sein, weit ab von den drei „e“ in „Louise Plueske“ (Nr. 319)  drei Zeilen darunter.

Wie gesagt: „Germans to America“ ist hilfreich als Zugang zu den Originalen, aber alle drei Editionsformen, die 67 Bände, die beiden CD`s und die DAD, sind nicht verlässlich, halt nicht beweiskräftig, eben nicht zitierwürdig.
Auch der 12jährige Anton Holtmann bezeugt es.
 


(Zuerst erschienen in : Genealogie 52 (2003) 1-2, 385-401  http://www.degener-verlag.com; auch in englischer Sprache, übersetzt von LaVern Rippley, St. Olaf College, Northfield / Minnesota, unter dem Titel „Fifteen Years of „Germans to America“: Truly Enough! Passenger Lists and their Outcomes”, in: AEMI Journal 1 (2003), 127-136, und in: Society for German-American Studies Newsletter 24 (2003) 2, 11-15)
 



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