Antonius Holtmann

Auswanderungs- und Übersiedelungs-Politik im Königreich Hannover 1832-1866

Auswanderungspolitik

Im Königreich Hannover waren strukturelle Bedingungen grundlegend für die Auswanderungsbereitschaft. Nach Verelendung durch den 30jährigen Krieg (1618-1648) nahm seit 1750 die Bevölkerung zu in einem sozialen Gefüge, das die durch weltliche und geistliche Grundherren in Erbpacht vergebenen Höfe in Anzahl und Größe über das Anerbenrecht stabil hielt, die nicht erbberechtigten Kinder auf Einheirat in andere standesgleiche Bauernhöfe verwies, die meisten aber in die Schicht der landlosen Heuerleute entließ: Abstiegsmobilität (Schlumbohm 55). Der Bevölkerungsdruck wurde stärker, als nach Ende der Napoleonischen Kriege (1815) Heuerstellen knapp wurden, weil die Bauern damit, d.h. mit Arbeitskräften hinreichend ausgestattet waren. Die traditionelle saisonale Hollandgängerei brachte nur noch halb so viel wie zu Napoleons Zeiten: zu viele wollten dort hin, und zu viele  Einheimische standen dort jetzt zur Verfügung. In diese überlastete feudale Agrarstruktur hinein wirkte sich die am Welthandel mit Baumwolle orientierte, in England zunächst entstehende maschinelle Textilproduktion aus: Leinen verlor große Marktanteile, und der Versuch der Heuerleute, ihren Gewinn am heimischen Webstuhl durch erhöhte Produktion zu steigern oder wenigstens zu halten, gelang noch in der zweiten Hälfte der 30er Jahre, wurde aber mit Beginn der 40er Jahre zunichte gemacht. Die Leinenpreise stagnierten und die Produktion ging, im Vergleich zu 1836, um mehr als die Hälfte zurück.

Das Königreich Hannover reagierte auf die sich einander bestärkenden und sich zuspitzenden Krisenerscheinungen mit widersprüchlicher patriarchalisch-fürsorglicher Beaufsichtigung seiner Untertanen. Diese Bevölkerungspolitik der „kontrollierten Mobilität“ (Schmiechen-Ackermann 310-336) nutzte die Auswanderung wohlwollend bis fördernd als Ventil, während restriktive Binnenwanderung den Etablierten, auch den karg Etablierten Sicherheit verlieh, den Armen aber nur anbot und häufig nur versprach.           

Die Domizilordnung von 1827 präzisierte das Heimatprinzip. Der Wohnort der Eltern, bei Ehefrauen der des Ehemannes, ist Heimatort. Dort hat man ein Recht auf Armenunterstützung, dorthin muss zurück, wer andernorts seine Arbeit verliert und neue nicht findet, sofern ihm dort nicht eine neue Heimat gewährt wurde. Dazu musste man „arbeitsfähig“ sein, „Arbeit ... (und) eine Wohnung gefunden haben“. „Die Niederlassung unverheiratheter junger Leute, welche zum Dienstbotenstande gehörten“, sollte „nicht gestattet werden“ und „die Aufnahme von Personen, deren Ruf schlecht ist, oder die wegen der Ehre nachtheiliger Vergehen mit Criminalstrafen belegt oder in Untersuchung befangen“ waren, konnte „die Obrigkeit ... versagen“.

Arbeit und eigenen Haushalt nebst Wohnrecht mussten Männer nachweisen, die heiraten wollten. So mancher fand keine Arbeit in der Heimat, jedoch in der Fremde, aber er erhielt dort kein Wohnrecht, weil Gemeinden verarmte Fremde schnell wieder in deren Heimat abschieben wollten.

Diese „Verordnung über die Bestimmung des Wohnorts der Unterthanen in polizeilicher Hinsicht“ garantierte eine immer verfügbare Wanderarbeiterschaft, die bei Arbeitsmangel leicht frei gestellt und den jeweiligen Heimatgemeinden wieder überantwortet werden konnte. Armut und Arbeitslosigkeit und Ausbeutung wurden domestiziert und Menschen, die sich dem nicht fügen wollten oder konnten, kriminalisiert. Wer außerhalb seines Heimatortes „arbeitslos umherziehend betroffen“ wurde, war „als Landstreicher zu betrachten“, hatte schon die Vagabunden-Verordnung von 1826 bestimmt. Einige Tage Gefängnis, körperliche Züchtigungen und Einweisungen ins Arbeitshaus wurden angedroht. Alltägliche Ausgrenzungen im Heimatort, erst recht die Ausgrenzungen derer, die aus Strafanstalten entlassen, in die Heimat zurückkehren mussten, trieben Menschen auf die Straße, in die „Vagabondage“.

1834 wollten Beamte in Hannovers Behörden Genaues wissen über die „Auswanderungssucht“. Sie schrieben am 7. Februar 1834 an ihre Magistrate und Ämter, so z.B. die „Königlich-Großbritannisch-Hannöversch. Landdrostei Osnabrück“ an das „Standesherrliche Amt Haselünne“: „Die seit dem Jahre 1832 auch in der hiesigen Gegend eingerissene Sucht zur Auswanderung nach Amerika ist eine auffallende Erscheinung der Zeit, welche die genaueste Beachtung verdient und in statistischer Hinsicht und um der Ursachen willen von der größten Wichtigkeit ist“. Man benötige „Daten“ über Vermögen und Gewerbe der Familien und lediger Personen, über ihren „bürgerlichen Ruf“ und die „Hauptmotive ... für den gethanen Schritt“, aber auch Informationen über eventuellen „Grundbesitz in einem der vereinigten nordamerikanischen Freistaaten“ und darüber, „ob die Auswanderungssucht überhaupt mehr um sich greift oder nachläßt u.s.w..“ (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a) Am 18. April 1834 konnte die Landdrostei dem Innenministerium in Hannover melden, dass in den beiden Jahren 1832 und 1833 schon 922 Personen aus dem Verwaltungsbezirk ausgewandert seien: 341 ledige Männer, 76 ledige Frauen und 117 Familien mit 505 Familienmitgliedern. 131.815 Taler seien mitgenommen worden, und die meisten Ausgewanderten seien „über Bremen nach Baltimore und dem Missouri-Staate“ gereist. (StO: Rep 355, Nr. 4247 I) Am 13. Januar 1835 bemerkte das Amt Osnabrück (Landkreis Osnabrück) in seinem Bericht an die Landdrostei: „Der Mehrzahl nach bestehen die Auswanderer aus sehr tüchtigen, fleißigen und zum Theil vermögenden Leuten, nur wenige sind darunter, deren Verlust nicht zu beklagen ist“. Die Unterdrückung der Heuerleute durch ihre Bauern sei vor allem das Motiv. Zum anderen hänge alles „von Nachrichten der bereits Ausgewanderten ab“. Manchmal komme es nun aber doch im Gefolge der Auswanderung zu einer „menschlicheren Behandlung der Heuerleute“. (StO: Rep 355, Nr. 4247 I)    
Ein Jahr später, am 15. Januar 1836, stellte der Magistrat der Stadt Osnabrück die (städtischen) Daten zusammen: 1832 seien 33, 1833 dann 57, 1834 nur noch 13 und 1835 schließlich 6 Personen ausgewandert. Von diesen 6 seien 3 „Subjekte, deren Entfernung für die öffentliche Sicherheit wünschenswerth“ gewesen sei. Auch „der berüchtigte Sträfling Carl Friedrich Rinker“ sei darunter gewesen, zu 10 Jahren Zuchthaus verurteilt, deren Reststrafe man ihm erlassen habe, weil er habe auswandern wollen. (StO: Rep 355, Nr. 4247 II)       
Das klingt wie eine Selbstverständlichkeit, bedurfte aber besonderer Verhandlungen und Absprachen von der Regierung in Hannover über die Landdrosteien (Bezirksverwaltungen), Ämter (Landkreise) und Städte bis hinunter zu den Gemeinden und Strafanstalten und schließlich zu den betroffenen Personen, und dies alles im Kontext der normalen Auswanderung und Auswanderungspolitik.

Die bewegte sich von 1834 bis 1866 (als das Königreich preußische Provinz wurde) zwischen wohlwollender Duldung und dezenter, aber durchaus ermutigender Förderung und Fürsorge, auch für die Zurückbleibenden, allerdings im eigenen Interesse. Schon am 3. Dezember 1832 hatte das Innenministerium der Landdrostei Osnabrück mitgeteilt, dass „die Auswanderung der erwerbslos gewordenen Unterthanen nicht beschränkt werden“ dürfe. Das bringe nichts, und es werde „allen Erfahrungen nach eine dem Umfange der Erwerbsmittel entsprechende Bevölkerung sich jederzeit finden, oder doch schnell ergänzt werden. Wohlhabende wandern zu wenige aus, als daß es verboten werden sollte. ... wir müssen uns also gegen alle Maaßregeln erklären, welche die Auswanderung der Landesunterthanen behindern oder erschweren“. (StO: Rep 116 I, Nr. 4242, Vol. I) Das Amt Vörden ließ dies am 11. Mai 1833 öffentlich anschlagen: „Die Auswandernden sollen in ihrem Vorhaben im allgemeinen nicht gehindert werden“, sofern sie „ihre Verbindlichkeiten, welche ihnen gegen den Staat und Private Personen obliegen, ... erfüllen“. Es sei nämlich „höheren Orts zur Anzeige gekommen, daß Ehemänner, welche nach Amerika auswandern, ihre Ehefrauen und Kinder häufig zurück lassen, ihr Vieh und Mobiliar aber verkaufen, um davon die Reisekosten zu bestreiten“. (StO: Dep 59b, Stadt Bramsche, Nr. 55)

Die Regierung wollte Armut reduzieren. Erwerbslose sollten auswandern, verarmte Angehörige nicht zurückbleiben, mittellose Auswanderer nicht zurückkehren und Schulden beglichen sein.        

Letzteres sollte ein „Publicandum“ der Landdrostei vom 19. August 1842 bewirken, z.B. schon tags darauf „Oeffentlich Ausgerufen durch Rijken in Bramsche: Reisepässe gebe es in Zukunft nur dann ..., wenn eine genügende Bescheinigung“ beigebracht werde, dass die „Absicht, auszuwandern, mindestens 4 Wochen vorher auf die übliche Weise in den Kirchen (des) Wohnorts zur allgemeinen Kenntniß gebracht“ worden sei. (StO: Dep 59b, Stadt Bramsche, Nr. 55; Anzeigen 24. August 1842) Die Landdrostei behielt es sich vor, in Einzelfällen die Frist zu verkürzen (4. April 1846), gewährte diese Befugnis aber auch den Ämtern (8. September 1848) und überließ sie ihnen schließlich vollständig (23. August 1850). In der durch „Anheftung“ bekannt gemachten „Zusammenstellung der Vorschriften über Auswanderung vom 12. Juni 1852“ ist von Pässen nicht die Rede, wohl aber, dass „Frauenzimmer“ gar keiner und Männer außerhalb des „Alters der Militairpflichtserfüllung“ (20. – 31. Lebensjahr; 10. September 1826) keiner „Auswanderungs-Erlaubniß“ bedürften, dass diese aber auch nach dem dritten dienstpflichtigen Alter bei (noch) nicht Gezogenen nicht zu versagen, innerhalb der drei Jahre aber sorgfältig zu prüfen sei. Gezogene hatten vom 20. bis zum 26. Lebensjahr zu dienen, waren aber vom zweiten Jahr an jeweils 11 Monate beurlaubt (Oberschelp 168).

„Zur Beförderung nach überseeischen Häfen (dürfen) Passagiere nur dann angenommen werden, wenn sie mit einem auf eine überseeische Reise lautenden Reisepasse versehen sind“, heißt es im „Gesetz, betreffend die Beförderung von Schiffspassagieren nach überseeischen Häfen“ vom 19. März 1852 in der Gesetzes-Sammlung für das Königreich Hannover. (StO: Rep 350 Bers., Nr. 1011; Rep 350 Has, Nr. 2a; Anzeigen 11. April 1846) Letzteres galt bis zum 4. Juni 1866 nur für Hannovers bedeutungslosen Harburger Hafen. Wer keine Auswanderungs-Erlaubnis (Konsens) benötigte, konnte das Land auch ohne Reisepass verlassen und in Bremerhaven auch ohne Reisepass an Bord gehen und in den USA, wo Pässe nicht erforderlich waren, das Schiff verlassen, und wer einen Konsens benötigte, konnte sich leicht heimlich davon machen.

Agenten und Makler, erst recht die weitere Öffentlichkeit scheuende Vermittler und Landverkäufer konnten Auswanderer übervorteilen und leicht ins Elend stürzen und den Gemeinden Unterbringung und Versorgung aufbürden.

Die Regierung ließ die von bremischen Maklern beauftragten Agenten gewähren. Carl Traub, der als erster am 6. Februar 1833 in den „Osnabrückische(n) Anzeigen“ seinen Osnabrücker Agenten vorstellte, hatte wohl staatliche Reaktionen befürchtet und darum beschwichtigend hinzugefügt, er „bevollmächtige“ den Gastwirt Rudolph Mönster, schrieb aber auch in die Anzeige hinein, dass er keineswegs beabsichtige, „durch diese Anzeige Personen zur Auswanderung zu bestimmen“. Kein Makler bzw. Agent hat danach wieder diese Formel in seine Anzeigen in den Amtsblättern eingefügt. Sie konnten sich ihrer Geschäfte sicher sein, gerade weil die Behörden den unabhängigen Reisevermittlern das Geschäft untersagten. Am 7. Mai 1832 traf es z.B. Wilhelm Höveler aus Ankum, der am 21. April 1832 versucht hatte, durch ein „Publicandum in der katholischen Kirche zu Lengerich ... Osnabrücksche und Grafschaft Lingesche Leute“ zu einer Auswanderergruppe „zusammen(zu)vereinigen“. Das wurde „bey ausdrücklicher Strafe“ untersagt: es bleibe „ihm zwar unbenommen ..., nach Amerika auszuwandern“, er habe sich aber „aller öffentlichen Aufforderungen und Anwerbungen zu enthalten ..., in dem bey den großen Schwierigkeiten und Hindernissen, welche alle Auswanderer in fremden Welttheilen zu bekämpfen haben, und bey der bereits rege gewordenen Neigung zum Auswandern das Wohl der Unterthanen nur zu leicht durch falsche Vorspiegelungen gefährdet“ werde. (StO: Rep 450 Bersenbrück, Nr. 20) Nicht anders erging es dem Gastwirt J.B. Dehme aus Quakenbrück, der am 7. September 1834 in Ankum ein handschriftliches „Publicandum“ ausgehängt hatte: „Personen und Familien, welche nach America auszuwandern gedenken, können die Plätze in gute schnell segelnde Schiffe bei mir bestellen, und das HandGeld entrichten, auch bin ich erböthig, jede genügende Auskunft zu erteilen.“ Am 16. Dezember 1834 berichtete das Amt Bersenbrück der Landdrostei, das Verbot, „Dehnes Publicandum“ auszuhängen, werde „streng beachtet“. (StO: Rep 335, 4247 I)

Am 20. April 1843 wurde „bei namhafter Ordnungsstrafe ... Individuen in den hiesigen Verwaltungsbezirken, worunter sich namentlich einige früher nach Amerika ausgewanderte und von dort zurückgekehrte Personen auszeichnen sollen, ... untersagt, ... Landleute zur Auswanderung nach Amerika zu ermuntern, Contracte wegen deren Beförderung nach Bremen und über das Meer mit ihnen zu schließen, Handgeld zu empfangen u.s.w.“ Es sei „viel vorteilhafter, sich direct an die Schiffsrheder oder Schiffs-Mäkler in den Seehäfen zu wenden“. (StO: Dep 59b Stadt Bramsche, Nr. 55) Die Landdrostei empfahl am 3. April 1847 „sämmtlichen Obrigkeiten (des) Verwaltungsbezirks, ... die etwa vorhandenen ausländischen Rheder und Mäkler, ... im Allgemeinen zu überwachen, um sie wegen etwaiger strafbarer Mittel, die Unterthanen zur Auswanderung zu verleiten, Täuschungen u.s.w., zur geeigneten Untersuchung ziehen zu können“. (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a). Am 6. August 1849 betonte die Landdrostei, „die Vermittlung der Auswanderung an sich (sei) an Concession nicht gebunden“. Es könnten aber „zuverläßige Personen unter geeigneter  Bedingung ..., Obrigkeitlich bestellt und beeidigt werden.“ (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a) Am 19. März 1852 wurden dann „Concessionen für Expedienten, Makler und Agenten“ gesetzlich zur Pflicht, erteilt „von derjenigen Landdrostei ..., in deren Bezirk das Geschäft betrieben werden“ sollte (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a). Am 29. Juni 1855 sah sich das Ministerium des Innern „veranlaßt, ... bei Vermeidung einer Geldbuße bis zu 25 Thalern, im Rückfalle bei Verlust des Rechts zum Gewerbebetriebe, ... die Behelligung der Auswanderer mit Anpreisungen oder das Bereden derselben zur Einkehr in ein bestimmtes Wirthshaus, zur Benutzung einer Schiffsgelegenheit, eines Fuhrwerks oder eines sonstigen Geschäftsbetriebes“ zu untersagen (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a). Und am 10. Juni 1857 wurde die Bekanntmachung des Ministeriums des Innern vom 16. Juni 1854 bekräftigt, dass es „bei einer Geldbuße von 50 Thalern untersagt“ sei, schon hier Fahrkarten für die Weiterfahrt in die USA hinein zu verkaufen (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a).

Diese Fürsorge für die „Unterthanen“ lag im Interesse des Staates und der Gemeinden. Die Zahl derer, die scheiterten und verarmt zurückkehrten, sollte möglichst niedrig gehalten werden. Dass man „die Armen und die Trägen“ behalte (Oldenburgische Blätter, 6. März 1832), erschien so mancher Gemeinde plausibel und schon Belastung genug. Das Amt Osnabrück hat seine Wahrnehmung des Problems auf den Punkt gebracht (13. Januar 1835): Wo die Verhältnisse der Heuerleute am besten seien, gebe es die höchste Auswanderung, wo sie am schlechtesten seien, die geringste; sie seien „hier zu arm, um überhaupt gehen zu können“. (StO: Rep 335, 4247 I)

Da sollte es möglichst sicher sein, dass, wer nach Amerika ging, auch dort blieb. Die Regierung wollte Auswanderung weder „behindern“ noch „erschweren“, auch nicht durch den Entzug der Staatsbürgerschaft, wie es im benachbarten preußischen Westfalen in der Regel praktiziert wurde. Die Königlich-Preußische Regierung zu Münster hatte der Landdrostei Osnabrück schon am 2. März 1832 geschrieben, dass dadurch „dem Unwesen wegen Verführungen zu Auswanderungen nach Amerika ernstlich zu steuern sein dürfte“. Die Stadt Osnabrück sprach sich im Dezember 1832 für dieses preußische Verfahren aus, um sich der „Überflutung“ mit dort abgewiesenen, nun staatenlosen preußischen Rückwanderern zu erwehren. Die Kommunen setzten auf generelle Ausbürgerung der Auswanderer, um verarmte Rückwanderer unter Berufung auf das Heimatrecht abweisen zu können. Die Regierung wollte Auswanderung erleichtern. Die „Rückkehr auch gänzlich verarmter Auswanderer (sei) lästig, aber nicht zu ändern“. Das Innenministerium verordnete am 3. Dezember 1832: Es „kann ... nicht zugelassen werden, daß die Auswanderung selbst durch Sicherungsmittel gegen bloß mögliche Belästigung von den Gemeinden erschwert werde“. (StO: Rep 116 I, 4242 I) Weder wurde von Münster aus in Preußen dem „Unwesen der Auswanderung gesteuert“ noch wurde Osnabrück „überflutet“.

Der Colon Wübbeling, Vorsteher der Bauernschaft Achmer im Kirchspiel Bramsche, fragte 10 Jahre später, am 6. September 1842, bei der Landdrostei an, was zu tun sei, denn man habe „jetzt den Vorfall ..., daß eine Familie von 2 Alter Leute wieder gekommen und besorgt wird, daß Sie den Armen Mitteln zur Last falle“. Das Amt Vörden schloss sich am 27. Oktober 1842 nachdrücklich an: „Die Auswanderer stehen nun auf der Meinung, daß sie wenn’s im Auslande nicht glückt, in ihre vorige Heimath zurückkehren können und da aufgenommen werden müssen“. Die Gemeinden seien aber der „Ansicht, daß mit der Auswanderung deren hiesige Unterthanen-Verhältnisse völlig verlassen“ seien. Das „Domicil“ werfe die Probleme auf: „Es tritt in solchen Fällen der Rückkehr die große Schwierigkeit ein, wo man mit solchen verarmten Individuen bleiben soll“. Man wünsche eine Bekanntmachung, dass Auswanderer „alle Unterthanen-Rechte verlöhren und bei ihrer Rückkehr über die Grenze gebracht werden sollten“. Das sei zwar „nicht immer zu executieren“, werde aber „doch manchen Leichtsinnigen vom Auswandern abhalten“. Am 7. November 1842 kam die Antwort aus Osnabrück: es bleibe beim grundsätzlichen Recht auf Rückkehr. Am 15. April 1842 hatte das Ministerium des Innern der Landdrostei gegenüber die Politik von 1832 bekräftigt: Den Ämtern und Magistraten sei „zu eröffnen, daß (man) sich solchen Verzichtleistungen von Seiten derjenigen Personen, welche auszuwandern gedenken, für die Zukunft zu enthalten habe, indem erst im Falle einer nachmaligen Rückkehr einer solchen Person zur weiteren Erwägung kommt, ob durch die Auswanderung das diesseitige Unterthanenrecht verloren wurde, oder nicht“. (StO: Rep 335, 4243) Am 12. Juni 1852 wurde es in allen „Geschäftslocalen der Obrigkeiten und an anderen paßlichen Orten zur öffentlichen Kenntniß“ gebracht: „Eine förmliche Entlassung aus dem Unterthanen-Verbande soll nie ertheilt werden“. (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a)

Das Ministerium des Innern hatte schon am 16. Mai 1834 über die Landdrosteien die Ämter angewiesen, darauf zu achten, „ob die Rückkehr gänzlich mittelloser Auswanderer in solcher Maaße eintritt, daß allgemeine Anordnungen deswegen in Erwägung gezogen müssen“. Es sei „vorkommenden Falls ... von der Rückkehr einzelner Individuen ... sofort zu berichten“. (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a) Die Sorge erwies sich als unnötig, und so konnten sich die „Obrigkeiten“ auf einige fürsorgliche Hinweise und Ermahnungen beschränken. Am 8. Juli 1834 z.B. erging an alle „Polizei- und Paß-Behörden“ der Befehl, „alle fremden Auswanderungslustigen, auf dem Wege nach Bremen, welche ... nicht mit den zur Überfahrt nach Amerika hinreichenden Geldmittel versehen sind, sofort zurückzuweisen und nöthigenfalls über die Grenze transportieren zu lassen“. „Vor allem in der Gegend um Naumburg“ kursiere ein „allgemein verbreitetes Gerücht, man könne von Bremen aus mit sogenannten Freischiffen unentgeltlich nach Amerika transportirt werden und dort die Pasagekosten abverdienen“ (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a). Und am 10. Juli 1840 wies die Landdrostei Osnabrück die Ämter an, „diejenigen Personen, welche nach Amerika auszuwandern beabsichtigen, auf die Gefahren aufmerksam zu machen, denen sie sich aussetzen, wenn sie ohne Kunde der englischen Sprache und insbesondere ohne hinreichende Geldmittel ... nach jenem Lande auswandern“. Das Hannoversche Konsulat in New York könne „in Ermangelung verfügbarer Fonds“ nicht helfen. (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a) Am 23. Februar 1846 schließlich warnte die Landdrostei davor, über niederländische Häfen auszuwandern. „In verschiedenen Fällen (sei) die Abfahrt längere Zeit verschoben“ worden und die Reeder hätten „für den Unterhalt der Auswanderer bis zur Abfahrt keine Sorge“ getragen. Diese „Verwarnung der Auswanderer vor der Einschiffung in den niederländischen Häfen“ sei „ohne öffentliche Bekanntmachung“ durchzuführen. (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a)

Übersiedelungen

Gut 60.000 Menschen sind von 1832 bis 1866 aus der Landdrostei Osnabrück in die USA ausgewandert, gut 200.000 aus dem Königreich Hannover (Henkel 102ff.; Kiel 171ff.) Wieviele „Übersiedeler“, also auf Gemeinde- und/oder Staatskosten Ausgewanderte, darunter waren, ist schwer zu schätzen. Das Ministerium des Innern hat für die 11 Jahre von 1836 bis 1846 dem Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten gegenüber 895 Personen zugegeben, d.h. „begnadigte Verbrecher“ und „Landstreicher und ähnliche der öffentlichen Sicherheit gefährliche oder gemeinschädliche Personen“ (Evans 104f.). Gut 3.000 könnten es von 1832 bis 1866 gewesen sein.

Hannover hat amtlich und öffentlich nichts darüber verlauten, wohl aber seinen „Schiffsrheder Stürye zu Harburg in die Bedingungen der Ueberfahrt“ schreiben lassen: „Verbrecher und Sträflinge werden von uns nicht befördert“; das Königreich versuchte (erfolglos), sich mit dem Harburger Hafen am „transatlantischen Auswanderergeschäft“ im Interesse der Hannoverschen Schifffahrt zu beteiligen. Am 27. Mai und 15. Juli 1851 hat die Landdrostei Osnabrück sich „veranlaßt“ gesehen, „die Obrigkeiten anzuweisen, daß sie bei vorkommenden Gelegenheiten in geeigneter Weise auf die gedachte Compagnie ... aufmerksam machen und auch die Unterbedienten mit entsprechendem Auftrage versehen“. Die „Compagnie“ sei „einer besonderen Beaufsichtigung unterstellt“. (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a)

„Verbrecher und Sträflinge werden von uns nicht transportiert.“ Das Ministerium des Innern, die Landdrosteien, die Ämter, die Vogteien, Kirchspiele und Bauernschaften, d.h. die Obrigkeiten und die Unterbedienten wussten, welche Wege sie zu gehen und welche Schiffe sie zu nehmen hatten, um „Verbrecher und Sträflinge“ los zu werden. Bremerhaven wurde bevorzugt, und wer entlassen oder begnadigt war oder mit einer beim Verbleib in USA ausgesetzten Strafe nach Amerika übersiedelte, war halt kein „Verbrecher und Sträfling“ mehr.

Schon am 25. November 1834 hat das Ministerium des Innern die Übersiedelungen in einem Schreiben an die Landdrosteien zu regeln begonnen: „Es haben sich in neuerer Zeit die Anträge um Verschiffung einzelner, sowohl den Straf- und Arbeits-Anstalten des Königreichs, wie überhaupt dem Gemeinwesen zur Last fallender Personen, namentlich solcher, die einen umherstreichenden unordentlichen Lebenswandel führen, vermehrt und es ist insbesondere den zweckmäßigen Anordnungen des Amtes Lehe bereits gelungen, auf eine Weise, welche die der Annahme und Verschiffung in der Regel entgegenstehenden Bedenken beseitigt, derartige Personen nach Amerika zu übersiedeln. Da es sich nun als sehr Wünschenswerth darstellt, dieser Maaßregel eine größere Ausdehnung zu geben und Wir gern bereit sind, für die Verschiffungskosten Sorge zu tragen: so haben Wir das Amt Lehe veranlaßt, Uns zu dem Ende gutachterliche Vorschläge zu machen.“ (StH: Hann 80 Hildesheim IE, Nr. 535). 1862 z.B. hatte man sich beim Agenten Ankele in der Borriesstraße in Geestemünde zu melden; der „pflegte mit der Besorgung derartiger Angelegenheiten betraut zu werden und den entlassenen Sträflingen ... weitere Verhaltsmaßregeln“ mitzuteilen (StO: Rep 350 Bers., Nr. 899)

Am 19. Mai 1835 bestätigte die Landdrostei Osnabrück, dass man bereits „derartige Personen ... ihrem Wunsch gemäß nach Amerika verschifft“ habe. Deren leichtfertige Rückkehr müsse man zu verhindern versuchen. „Wir beauftragen die Obrigkeiten Unsers Verwaltungs-Bezirks hiedurch ein für alle Mal, den erwähnten Personen ... zu Protokoll zu eröffnen, daß sie, wenn sie ... in den hiesigen Landen sich wieder betreten ließen, sofort in eine öffentliche Arbeits Anstalt aufgenommen und aus derselben nicht eher entlassen werden würden, bis man sich von ihrer Besserung überzeugt halten könnte.“ (StO: Rep 350 Grö, Nr. 97) Die Gemeinde Dissen-Hilter schoss auch schon mal über’s Ziel hinaus und wurde subtil belehrt. Die Vogtei hatte Ende Januar 1846 einem Antragsteller gedroht (und dies der vorgesetzten Behörde mit Schreiben vom 29. Januar mitgeteilt), dass er im Falle der Rückkehr „zu gewärtigen habe, sofort arretiert und auf immer in einem Strafarbeits- oder Zuchthaus eingesperrt zu werden“. Schon am 2. Februar 1846 ging der Hinweis nach Hilter, dass dies „nicht zu erfüllen“ sei, „mithin demselben nicht angedrohet werden“ könne, „daß jedoch dessen Erklärung, sich einer solchen Maaßregel unterwerfen zu wollen, entgegen genommen werden“ könne. (StO: Rep 360 Vogtei Dissen-Hilter, Nr. 9)

Im Juni 1835 übermittelte die Landdrostei „einige Bestimmungen, welche bei den Personen, welche statt der verwirkten Einsperrung in eine öffentliche Arbeits-Anstalt nach Amerika geschafft werden, in Anwendung zu bringen“ seien. Wer sich auf dem Transport nach Lehe (bei Bremerhaven), in Lehe und auf dem Schiff bis zur Abfahrt „Unordnungen zu Schulden kommen“ lasse, solle wieder inhaftiert werden und keine zweite Chance erhalten. Bevor man den Gefangenen nach Lehe schaffe, müsse der Zeitpunkt der Verschiffung mit dem dortigen Amt abgesprochen und „über die Zahl, welche gleichzeitig nach Lehe geschafft werden (dürfe), Abrede“ genommen werden. „Und (man müsse) dem Amt Lehe für jeden zu verschiffenden Gefangenen ein Paß zur Reise nach Amerika mit ... übersenden, worin aber das Verbrechen des zu Verschiffenden nicht zu erwähnen“ sei. (StO: Rep 350 Grö, Nr. 97)

5 Jahre später, am 22. Mai 1840, hat das Königliche Ministerium des Innern Präzisierungen „vertraulich“ nachgereicht, „um zu verhindern, daß der Aufnahme von Karren-, Zucht- und Werkhaus-Gefangenen oder sonstigen gefährlichen Personen, welche auf ihren Wunsch nach Amerika übersiedelt werden sollen und zu dem Ende dem Amte Lehe zugesandt werden, als Passagiere behuf der Überfahrt nach Amerika in Bremerhaven Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden“. Es müssten „alle Abweichungen von gewöhnlichen Pässen vermieden werden“: Geestendorf bei Lehe sei als Bestimmungsort in die nur für den Transport nach Lehe geltenden Pässe einzutragen, das „Verbrechen“ dürfe „nicht erwähnt“ und „das Wort ‚zurückreisen‘ in den Pässen nicht gestrichen werden“. Nur den zuständigen hannoverschen „Unterbedienten“ sollte dies Schreiben zugänglich sein: „Übrigens eignen sich die vorstehenden Vorschriften zur Veröffentlichung überall nicht.“ (StO: Rep 350 Grö, Nr. 97) Auch den entlassenen Gefangenen wurde im „eigenen Interesse Stillschweigen über (die) Entlassung ... auferlegt, weil sonst seine Landung in Amerika gar nicht gestattet werden wird“, versicherte der Leiter des Werkhauses Moringen am 15. Oktober 1862 (StO: Rep 350 Bers., Nr. 899).

Zurückreisen sollten die „umherschweifenden“ Personen und „Verbrecher“ nicht, und manch einfältiger „Unterbedienter“ hat wohl die geforderte Protokollierung der angedrohten Inhaftierung im Falle der Rückkehr im Pass zum Rückreiseverbot erhoben. Geestendorf dürfte gewählt worden sein, um die Betroffenen nicht mit dem Amtssitz Lehe verdächtig zu machen.

Am 15. September 1840 wurde die innerdeutsche Reiseroute am Beispiel einer „Uebersiedlung“ von Seiten der Landdrostei Osnabrück ebenso „vertraulich“ eingeschärft. Die „Vorschriften“ vom 22. Mai d. J.“ seien „erlassen“ worden, „um zu verhindern, daß der Aufnahme der Verbrecher, welche nach Amerika übersiedelt werden, in Bremerhafen Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden“. Es sei „besonders bemerklich, daß der Transport dieser Personen nicht über Bremen, sondern über Nienburg, Verden, Bremervörde nach Lehe beschafft werden und daher diese Route in den Pässen bemerkt werden“ müsse, die nur für die Reise nach Lehe innerhalb des Königreichs Hannover gültig waren. (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a). Derselbe Wortlaut erreichte z.B. das Amt Iburg „vertraulich“ am 23. Oktober 1844 (StO: Rep 350 Ibg., Nr. 4971). Bremen, wohl wissend, was sich da an der Grenze zwischen Lehe und Bremerhaven abspielte, wollte und sollte wohl umgangen werden.

Am 20. August 1844 reagierte die Landdrostei Osnabrück darauf, dass Übersiedelnde „ein ungewöhnlich hohes Reisegeld und eine ungewöhnliche Menge von Kleidungsstücken in Anspruch nehmen“. Das Ministerium des Innern ließ den Obrigkeiten „eröffenen“, die Summe sei den Übersiedelnden vor der Absendung mitzuteilen und dem Amt Lehe zu übermitteln, zusammen mit einer vorschriftsmäßigen Charakteristik der Person. (StO: Rep 350 Ibg., Nr. 4970) Pro Person „45 Reichstaler Gold dem Amt Lehe zu übersenden“ wurde den Ämtern am 2. Mai 1845 abverlangt (50 Taler Courant). Schiffsplätze seien jetzt von April bis Oktober so leicht zu haben, dass „Verbrecher, Landstreicher und andere dem Gemeindewesen schädliche oder lästige Personen ... ohne weitere vorgängige Anfrage an das Amt Lehe“ geschickt werden könnten; eine Mitteilung des Ankunftstages genüge. (StO: Rep 350 Ibg., Nr. 4970) Am 27. April 1847 wurden die Übersiedelungskosten auf 60 Taler Courant (54 Taler Gold) erhöht, auch dies im „vertraulichen“ Schreiben (StO: Rep 350 Ibg., Nr. 4970).

Die „Übersiedelungskosten“ haben einige „Transportationen“ scheitern lassen, dandere verzögert, weil die Beträge auszuhandeln waren zwischen den „Supplicanten“ und den Bauernschaften und Kirchspielen, den Gemeinden und Ämtern (Landkreise), den Landdrosteien (Verwaltungsbezirke) und dem Ministerium des Inneren in Hannover. Drosteien und Ministerium bedienten sich des Prinzips der Subsidiarität, und von der Bauerschaft bis zum Amt appellierte man an die Wohltätigkeit und Fürsorgepflicht der Obrigkeiten. Sie alle aber wollten verhindern, dass auch redliche Arme sich der Angebote bedienten. Am 14. Dezember 1845 schrieb die Gemeinde Hilter dem Amt Iburg: „Wenn wir Jedem, der nach Amerika aus unserer Gemeinde überzusiedeln Lust hat, die vollen Ueberfahrtskosten bewilligen wollten: so würden derartige Anträge bald ohne Zahl an uns gereicht werden“ (StO: Rep 350 Ibg. 4971).

In den USA waren die „Übersiedelungen“ aufgefallen. Ein Senatsausschuss (1845) verfügte über eidesstattliche Erklärungen eines Moses Catzenstein, der am 22. Dezember 1843 mit Ehefrau und 3 Kindern an Bord der „Republic“ von Bremen aus Baltimore erreicht hatte (NAMP). „28 Kriminelle“ seien mit an Bord gewesen (98 Passagiere). Eine Amalia Blogg habe ausgesagt, dass eine Familie aus Hannover nach New York „geschickt worden“ sei. Regierung und Kirchengemeinde hätten sich die Kosten geteilt. Dudley Mann, amerikanischer Agent in Hannover, teilte dies am 15. Dezember 1847 der hannoverschen Regierung mit und fragte an, ob „eine für die Wohlfahrt der Amerikanischen Union so schädliche Praxis ... gegenwärtig im Königreich Hannover“ existiere. Das Ministerium des Innern schlug dem Ministerium der äußeren Angelegenheiten vor, die Anfrage allenfalls hinhaltend und ausweichend zu beantworten, denn es sei „im Interesse der öffentlichen Sicherheit sehr (zu) beklagen, wenn die Übersiedelung solcher begnadigter Verbrecher nicht mehr thunlich sein sollte“. Mörder, Räuber, Schwerverbrecher habe man in aller Regel nicht verschifft, auch wenn „Ausnahmen hiervon hin und wieder stattgefunden“ hätten. Die meisten seien „Landstreicher und ähnliche der öffentlichen Sicherheit gefährliche oder gemeinschädliche Personen“ gewesen. Die „öffentliche Casse“ sei so „von einer nicht unerheblichen Ausgabe befreit worden“. (Evans 103ff.; Moltmann 163ff.)

Der Bremer Senat war um den guten Ruf der Stadt und seiner Kaufmannschaft bemüht, aber auch daran interessiert, sein hannoversches Umland nicht zu irritieren und aus dem Hafen Harburg nichts werden zu lassen. Was andernorts ein offenes Geheimnis war, dürfte auch Bremischen Behörden zu Ohren gekommen sein: dass „Verbrecher und schlechte Subjecte“ über Bremerhaven in die USA transportiert wurden. Dies im Einzelfall zu entdecken und zu unterbinden war gewiss schwierig, also ließ man es wohl geschehen und reagierte, wenn Fälle publik wurden. Die „Obrigkeitliche Verordnung“ des Senats vom Juli 1835 war eine solche Reaktion, die sich vor allem gegen flüchtende Kriminelle richtete. Im Januar 1838 wurde per Verordnung die von nichtbremischen Behörden organisierte Ausreise von Strafgefangenen über Bremen und Bremerhaven verboten. Das wurde Reedern, Maklern, Agenten und Kapitänen im Mai 1845 erneut eingeschärft und im Mai 1847 und April 1849 in revidierte Obrigkeitliche Verordnungen aufgenommen (Rössler, 193-260): „§ 9. Deserteure und Militairpflichtige deutscher Bundesstaaten, desgleichen Personen, welche sich wegen begangener Verbrechen oder Vergehen der Strafe zu entziehen suchen, sowie mit ansteckenden Krankheiten Behaftete, Verkrüppelte oder sonstige Hülflose dürfen nach einem überseeischen Hafen nicht befördert werden. Das nämliche Verbot trifft die Beförderung solchen Personen, welche von Straf- und Armenanstalten nach den Vereinigten Staaten von Amerika geschickt werden sollen. Im Betretungsfalle werden alle solche Personen im polizeilichen Wege in ihre Heimath zurückgeschickt. Wer wissentlich diesem Verbote entgegenhandelt, verfällt nicht nur in eine angemessene Strafe, sondern ist auch für alle dem Staate deshalb etwa entstehenden Kosten verantwortlich. § 10. Die Schiffsmäkler sind bei Vermeidung gleicher Nachtheile angewiesen, sich jeder Abschließung von Ueberfahrtsverträgen für solche Personen (§ 9) zu enthalten. Auch haben sie, sobald sie in Erfahrung bringen, daß die durch sie angenommenen Passagiere Individuen der erwähnten Art seien, dieses der Polizeibehörde anzuzeigen, und deren weitere Anordnungen zu befolgen.“ (StO: Rep 335, Nr. 10737)

Eine hannoversche Transportation vom Herbst 1850 war in New York aufgeflogen. Am 20. Juni 1851 informierte der Präsident des Bremer Senats den Minister der auswärtigen Angelegenheiten in Hannover über die Rechtslage. Er verwies darauf, dass in den USA neue Einwanderungsbestimmungen (9. April 1845) „gegen das Hereinbringen von Verbrechern und Vagabunden (vagrants) ja sogar von ‚paupers‘ (hülflose Armen) unter dem Namen von Einwanderern erlassen“ worden seien. Bremen dringe darauf, „künftig keine Verbrecher, und schlechte Subjekte aus Straf-, Corrections- und Armen-Anstalten mit von der Weser expedierten Schiffen den Vereinigten Staaten von Nord-America zu senden“. Wieder empfahl der Minister des Innern, nicht oder allenfalls ausweichend zu reagieren. Man wusste um die unzulänglichen Kontrollen in den Ankunftshäfen und hatte die Landdrosteien schon am 16. Januar 1841 „vertraulich“ darauf hingewiesen, „daß in New-Orleans auf die Einwanderer nicht so genau geachtet werde wie in Baltimore und New-York, und daß auch die Behörden der Stadt Bremen und die Auswanderer nach jenem Platze weniger achten, mithin die Verschickung von Personen aus den Straf- und Besserungsanstalten nach New-Orleans mit den wenigsten Schwierigkeiten verbunden sei“. (Evans 107f.)

Das Amt Lehe ging gelassen mit diesem Bremer Ersuchen um. Dem Innenministerium schlug es am 11. August 1851 vor, „einst weilen und für das laufende Jahr“ keine Übersiedler mehr herzuschicken: „Ist auf diese Weise eine Zeit verflossen, so wird die Wachsamkeit des Amtmanns in Bremerhaven nachlassen und wir bezweifeln keinen Augenblick, daß dann die Agenten in Bremerhaven bei uns sich selbst melden“ (StH: Hann. 9, Amerika Nr. 14); man kannte sich halt aus. Schon am 23. August teilten die Landdrosteien den Ämtern mit, das Amt Lehe „befinde sich mindestens für die Dauer d.J. außer Stande, die Verschiffung begnadigter Sträflinge und anderer dem Gemeindewohl schädlicher Personen zu bewerkstelligen“. Darum habe man die Obrigkeiten der Verwaltungsbezirke „anzuweisen, dem Amte Lehe bis auf Weiteres keine Individuen zuzusenden“. (StO: Rep 350 Ibg., Nr. 4970)

Am 21. Mai 1855 wurden die „Obrigkeiten“ erneut angewiesen, „etwaige Anträge auf Bewilligung der Kosten zu Übersiedelungen nach Amerika aus öffentlichen Mitteln oder auf Gewährung von Beihilfen bis auf Weiteres zurückzuweisen“. Man verwies auf die Verhältnisse in den USA: auf die „jetzt herrschende große Theuerung der Lebensmittel“ und auf die „geringe Gelegenheit zum Verdienst“. Das treffe vor allem die auf Taglohn Angewiesenen. Es würden „ohne Zweifel Maßregeln getroffen werden, das Landen nicht vermögender Auswanderer zu verhüten“ (StO: Rep 350 Has, Nr. 2a)

Am 8. Juni 1855 hat sich Hannovers Regierung beim Bundestag in Frankfurt in einer vertraulichen Erklärung deutlicher ausgedrückt: „Eine beträchtliche Anzahl gemeingefährlicher oder solcher Individuen, deren Entfernung aus dem Königreich Hannover erwünscht war“, sei bisher „auf öffentlichen Kosten ... nach den Vereinigten Staaten von Amerika übersiedelt“ worden. Es sei immer wieder gelungen, „jede Anregung zur Ergreifung von Schutzmaßnahmen in den Vereinigten Staaten zu vermeiden“. Jetzt aber habe man beschlossen, „jede Übersiedlungen einstweilen einzustellen, um nicht selbst Anlaß zu geben, daß von Seiten der Vereinigten Staaten auf durchgreifende Maßregeln zur Abwehr der Einwanderung von Individuen, wie den eingangs Erwähnten, Bedacht genommen werde. ... Glaubwürdige Nachrichten, insbesondere auch die der Auswanderer-Zeitung, (hätten) es der Königlichen Regierung ratsam erscheinen lassen“. 1854 (Nr. 94) und 1855 (Nr. 28) hatte die „Allgemeine Auswanderungszeitung“ (Rudolstadt) getitelt: „Einfuhr von Sträflingen“ und „Die Importation ausländischer Verbrecher und Armen“ (Moltmann 180f.).

Diese Schlagzeilen waren selbst in der Provinz gar nicht sensationell. Schon am 26. Januar 1838 war in der Oldenburgischen Zeitung zu lesen, in den USA verbreite sich die Besorgniß, „daß die daselbst bisher gewährte Freiheit zur Niederlassung durch Einführung von solchen Personen, die aus europäischen Strafanstalten dorthin versandt würden, gemißbraucht werde“, und am 13. Juli 1838 war von „Begnadigung zur Deportation“ die Rede. Bremen und Hamburg hätten daraufhin Warnungen „an die Schiffsrheder, Schiffsmäkler usw. ergehen lassen, dergleichen freigegebene Sträflinge nicht nach Amerika zu befördern“. Am 23. April 1843 stand in den „Neue(n) Blätter(n) für Stadt und Land“ (Beilage zur Oldenburgischen Volkszeitung), man habe „die Vereinigten Staaten so mit Gesindel, entlassenen Sträflingen etc. bedient, daß jetzt schon jeder Ankömmling mit Mißtrauen aufgenommen“ werde. „Schwere Verbrecher“ aus Mecklenburg seien ihrer „frevlerischen, haarsträubenden Redensarten wegen in Hamburg aufgeflogen und an „die mecklenburgische Regierung“ zurückgeschickt worden, lasen Oldenburgs Bürger in ihrer Volkszeitung am 30. Oktober 1846. Am 16. Juni 1855 druckte sie einen Bericht des Großherzoglich-Oldenburgischen Konsulats in Philadelphia. Darin wurde dringend davor gewarnt, Auswanderer „ganz oder theilweise auf Gemeindekosten“ herüberzuschaffen. Es seien an Geist und Körper verkrüppelte und verschrobene Individuen, alte, schwache, zur Arbeit unfähige Personen, mittellose Weiber mit einem Haufen junger Kinder. Viele seien arbeitsscheue, nichtsnutzige Menschen, ohne das geringste Geld. Am 20. Dezember desselben Jahres zitierte die Volkszeitung den Bürgermeister von New York, dass „häufig unbemittelte oder aus den Gefängnissen entlassene Personen aus Europa“ ankämen. „Der Beobachter“ (Oldenburg) hatte schon am 5. September 1855 in seinen „Skizzen aus Amerika von N.N.“ geschrieben, „der größte Theil des amerikanischen Publikums“ glaube, „Deutschland schicke sein Elend über’s Meer, welches aus Hungerleidern u.s.w. bestehe; leere die Zuchthäuser aus, weshalb die Deutschen auch leider nicht in besonderem Rufe“ stünden: „Der Americaner ... weiß von früheren Zeiten, welch‘ schlechtes Gesindel zu ihm kam, ja von hier auf Staatskosten hinüber geschafft wurde.“

Bremen hat das halbwegs geschickt getarnte Durchschleusen dieser „lästigen Individuen“ wohl eher nicht verhindern wollen als nicht verhindern können. Sie waren ja „entlassen“ oder „begnadigt“, auch wenn Reststrafen bei Rückkehr noch abzusitzen waren. Das mag Bremer Behörden die Nachsicht dort oben an der Wesermündung erleichtert haben. Wusste doch im benachbarten Königreich Hannover, wer es wissen wollte, von der gängigen Praxis, wenn auch nicht von der gezielten Politik. Die hat Hannover schon ein halbes Jahr nach der Frankfurter Erklärung wieder aufgenommen, wie bisher, ungeachtet des Bremer Verbotes von April 1849. (Nur der „Auswanderung von Armen nach dem Britischen Nordamerika“ (Kanada) solle man „thunlichst entgegenwirken“, hieß es in einem Schreiben des Innenministeriums vom 9. Januar 1856 an die Landdrosteien. – StH: Hann 74, Medingen-Ebstorf, Nr. 98). Da das „Königlich Hannoversche Amt Dissen zu Iburg“ allerdings so unvorsichtig war, der Polizei-Direktion in Bremen die Vor- und Reststrafe eines Übersiedlers mitzuteilen, den man in der Hansestadt wegen „Bettelei und Trunkenheit“ aufgegriffen hatte, bekam es offiziell aus Bremen zu hören (14. August 1857), dass „solche Leute ... bei uns nicht nach den Vereinigten Staaten von Nordamerica befördert werden dürfen“, und „so bitte (man) ergebenst, zu solchem Zwecke keine derartigen Leute wieder hierher zu dirigieren, da, wenn deren Beförderung nach America aus Unkenntniß ihrer Antecedentien geschähe, dadurch ein unersetzlicher Nachtheil für unsre Schifffahrt und die größten Verdrießlichkeiten für die diesseitige Regierung entstehen können“. Ein Bremer Agent wusste aber dennoch Rat, weil die Gemeinde „nichts unerfüllt ... lassen“ wollte, „diesen Taugenichts los zu werden“. Er müsste „nächsten Herbst entweder nach Galveston oder Texas geschafft werden, denn da würde es so genau mit der gleichen Subjecte nicht genommen“, zitierte Dissens Amtsvogt in seinem Bericht an das Amt Iburg am 6. August 1857. (StO: Rep 350 Ibg, Nr. 4971)

Im preußisch-österreichischen Krieg um die Vorherrschaft in Deutschland (15. Juni – 27. Juli 1866) stand das Königreich Hannover auf Seiten des Verlierers Österreich. Hannovers Armee kapitulierte am 29. Juni bei Langensalza (Thüringen). Das Königreich wurde am 20. September 1866 annektiert und als Provinz dem Königreich Preußen eingegliedert. Am 26. Juni 1866 hatte Hannover „Übersiedelungen“ untersagt, am 18. Juli aber, noch souveräner Staat, erneut zugelassen: man sei jetzt wieder „in der Lage ..., Beihülfen zur Übersiedelung von Sträflingen in den geeigneten Fällen zu bewilligen“. (Henkel 175) Gerhard Heinrich Gibbemeyer hat am 4. Oktober 1866 von der nun auch preußischen Übersiedelungspolitik profitiert. An diesem Tag verließ er mit der „Johanna Wilhelmina“ Bremerhaven Richtung New Orleans (StO: Rep 350 Ibg., 4972). Am 22. November 1866 ist der 39jährige dort eingetroffen (NAMP).       

Am 18. April 1868 setzte die „Königlich-Preußische Landdrostei Osnabrück“ in einem nun nicht mehr „vertraulichen“ Schreiben „die Obrigkeiten davon in Kenntnis, daß die Königliche Civil-Administration von Hannover, Abtheilung des Innern, beschlossen (habe), Beihülfen aus öffentlichen Mitteln zur Übersiedelung von Sträflingen nach America fortan nicht mehr zu bewilligen. Dahin zielende Anträge (seien) daher in Zukunft unter Hinweisung auf diese Eröffnung von den Obrigkeiten ohne Weiteres abschläglich zu bescheiden“. Das „Königliche Amt Iburg“ nahm „diese Eröffnung“ am 29. April 1868 „ad acta“. (StO: Rep 350 Ibg., Nr. 4970)

Die Regierung der USA hat am 3. März 1875 in Bezug auf einige der praktizierten Übersiedelungs-Modelle klar Schiff gemacht und gesetzlich geregelt: „Den Ausländern, welche in ihrem Geburtsland wegen eines peinlichen Verbrechens, mit Ausnahme eines politischen, verurteil worden sind, oder denen ihre Strafe unter der Bedingung der Auswanderung erlassen worden ist, ... ist die Einwanderung nach den Vereinigten Staaten gänzlich verboten.“ (Hagen 118)

Übersiedelungs-Fälle

Die Bandbreite war groß, die Schicksale waren vielfältig und Menschen und Behörden waren in Bauernschaften und Kirchspielen, in Dörfern und Städten über gut 3 Jahrzehnte dieser Vielfalt ausgesetzt.

Sophia Freckmann (1835)

Die Lebensgeschichte der Sophia Freckmann verdeutlicht, wie sehr die Domizil- und Vagabundengesetzgebung von 1826/27 die Beschaffung des Lebensunterhalts der Ortsarmen einschränkte und diese Menschen an den Rand ihrer heimatlichen Gemeinschaften drängte, gerade weil sie ohne Legitimationsschein diese Heimatgemeinden, in der allein sie durch Geburt oder Zuerkennung ein Aufenthaltsrecht hatten, nicht verlassen durften.

Sophia Freckmann aus Metel (geb. 1812), elternlos und wegen Diebstahl vorbestraft, hatte dies Ende 1833 getan, wurde aufgegriffen und mit 2 Tagen Gefängnis und 12 Stockschlägen bestraft, einige Wochen später desselben Delikts wegen mit 3 Tagen Gefängnis und 10 Stockschlägen. Am 22. Januar 1834 entließ die Polizei in Hannover sie straflos zu ihrem Onkel in Nienstedt, der sie aber nicht aufnahm, so dass sie wieder ihrer Heimatgemeinde Metel überantwortet wurde. Aber niemand übernahm diese Verantwortung, so dass sie wieder ging, wieder bestraft und wieder zurückgeschickt wurde, verwahrloste und als dreckig und liederlich galt. Im Dezember 1834 folgte die Einweisung ins Arbeitshaus. Schon am 14. Januar 1835 fragte das Amt Neustadt sie im Auftrage der Landdrostei Hannover, „ob sie zu einer Verschiffung nach Amerika bereit sey“ (Henkel 176ff.). Am 27. Juli 1835 traf sie von Bremerhaven aus an Bord der „Phoenix“ (100 Passagiere) in Baltimore ein (NAMP).

Franz Josef Schulte (1838)

Im Staatsarchiv Osnabrück ist Franz Josef Schulte aus Hagen erstmals am 19. April 1836 (geb. 1801) aktenkundig. Der Amtsvogt Lorenz berichtete dem Königlichen Amt Iburg, Franz Schulte sei „in einem völlig berauschten Zustande angetroffen“ worden und man habe ihn aufgrund einer „früheren Weisung ... arretiert“. Er habe „den ungeregelten Lebenswandel“ wieder angefangen, „um dessentwillen er schon früher Gefängnißstrafe erlitten habe“. Am 21. April wurden seine Aussagen zu Protokoll genommen: „Er könne nicht leugnen, daß er ... sich betrunken gehabt und sich überhaupt nicht so betragen habe, wie es seine Schuldigkeit sei; er sehe ein, daß er ... gefehlt habe, und bitte um gnädige Strafe“. Eine „4tägige Gefängnisstrafe, abwechselnd bei Wasser und Brot“, wurde ihm auferlegt, verbunden mit der Ankündigung, „daß im nochmaligen Wiederholungsfall bei Königlicher Landdrostei auf Einsperrung in eine Arbeits-Anstalt angetragen werde“.

Am 3. Oktober berichtete der Untervogt (Hagen) dem Amt Iburg, dass Franz Schulte sich wieder von der Arbeit als Knecht entfernt habe, erst abends betrunken zurückgekommen, am 26. September „aus dem Dienste weggelaufen (sei) und dann acht Tage herum gebettelt“ habe. Wieder bat er „um Verzeihung und gnädige Strafe“. Die „Trunkenheit“ brachte ihm „drey tägigen Arrest, abwechselnd bei Wasser und Brot“ ein (4. Oktober 1836), weitere 3 Tage sein „arbeitsloses Umhertreiben“ (8. Oktober 1836).

Am 6. Mai 1837 griff man ihn abermals betrunken und bettelnd auf. Diesmal hatte er „nur eine körperliche Züchtigung zu gewärtigen“; es seien ihm „durch den Gefangenenwärter Verwold 12 Stockschläge gereicht“ worden (11. Mai 1837).

„Seit dem 26. Julius diesen Jahres (1837) bis zum 15. vorigen Monats (September)“ habe er sich „in der Umgegend ... vagabondierend und bettelnd umhergetrieben und sogar, was bisher noch nicht geschehen (sei), angefangen ... zu stehlen“, berichtete am 7. Oktober 1837 das Amt Iburg der Landdrostei Osnabrück. Franz Schulte sei „wild aufgewachsen“, und erst im Alter über 30 habe „Pastor Pöppelmann zu Hagen mit unendlicher Mühe ihn soviel Religionsbegriffe (beigebracht), daß er zum Heiligen Abendmahl gelassen werden konnte“. Alle Mühe sei vergeblich gewesen, ihn „bei ordentlichen Leuten ... zu einem regelmäßigen Leben und fleißigen Arbeiten zu gewöhnen“. Das Amt ließ ihn, im Rahmen der „zustehenden Strafbefugnis, ... eine achtwöchige Gefängnisstrafe erleiden“. Die Landdrostei antwortete schon am 16. Oktober: Sie ordnete an, ihn „nochmals mit einer körperlichen Züchtigung zu belegen, ... weil er sich die ... früher erlittenen Strafen zur Warnung und Besserung nicht (habe) dienen lassen“. Einsperrung „in ein öffentliches Arbeitshaus“ wurde ihm angedroht, wo er „mit Strenge zur Arbeit werde angehalten werden“. Am 18. November 1837 wurde er aus der Haft entlassen; er sei „betrunken bei Kampmann angekommen“, bei dem ihm zugewiesenen Bauern. Ein Verbot erging an die Gastwirte, „dem Schulte Branntwein zu verabreichen“ („bei 5 Taler Strafe“). Dem Untervogt wurde „strenge Aufsicht auf den Schulte, so wie darauf, daß ihm kein Schnaps gegeben wird“, von Seiten des Amtes Iburg „anbefohlen“ (11. Dezember 1837).

Mitte Februar 1838 wurde er gegen 20 Uhr „völlig betrunken ... am Wege liegend gefunden“, nachdem er sich, nach eigenen Angaben, „11 Tage lang in den Bauerschaften des Kirchspiels Hagen ... herumgetrieben und Lebensmittel und Geld gebettelt habe. ... Er sehe ein, dass er sehr gefehlt habe ... und bitte um so mehr um gnädige Strafe“ (19. Februar 1838). Am 20. Februar diagnostizierte ein Arzt eine ansteckende „Mehl-Flechte ... über den ganzen Körper“, die schon lange bestanden habe und „nicht leicht zu kurieren“ sei. Am selben Tag trug das Amt Iburg der Landdrostei Osnabrück vor, „alle hier möglichen Maßregeln“ seien „bei dem unwiderstehlichen Hange ... zum Umhertreiben und zum Brantwein ... erfolglos“ geblieben. Jetzt könne nur noch eine „längere Einsperrung desselben in ein Arbeitshaus“ helfen, oder eine „vier bis sechs wöchentliche Gefängnißstrafe, geschärft durch abwechseln der Speisung mit Wasser und Brot und durch eine nachdrückliche Züchtigung“. Das „jetzt zu ahnende Verbrechen“ war „Umhertreiben, Betteln und Trunkenheit“. Er sei „träge, außer wenn er glaube einen Schnaps verdienen zu können“. Andererseits „spinnt er so gut und so schnell, daß es ihm leicht werden wird, seinen Unterhalt zu verdienen, wenn er nur ein regelmäßiges Leben anfangen“ würde.

Drei Tage nach Anfertigung dieser „Charakteristik“ fragte die Landdrostei Osnabrück an (23. Februar 1838), „ob er geneigt sey, sich auf öffentliche Kosten nach Amerika übersiedeln zu lassen“. Franz Schulte gab am 25. Februar zu Protokoll, „es sei schon lange sein sehnlichster Wunsch gewesen, nach America auswandern zu können ..., und mit Dank werde er es annehmen, auf öffentliche Kosten dorthin übersiedelt zu werden“. Das Amt Iburg verschwieg nicht seine Erleichterung, die sie pädagogisch und ökonomisch rechtfertigte: Franz Schulte könne durch "„die veränderten Verhältnisse vielleicht noch eine Besserung“ erfahren und die Gemeinde werde „einer großen Last ... überhoben“. Am 16. März 1838 lehnte das Ministerium des Innern wegen der Erkrankung die „Aufnahme in eine Strafanstalt“, aber auch „die von ihm gewünschte Übersiedelung nach Amerika“ ab, weil es „nicht wahrscheinlich“ sei, „daß er auf einem Schiffe als Passagier aufgenommen werden würde“. Was nun an „Maaßregeln“ zu ergreifen sei, bleibe den nachgeordneten Behörden überlassen. Die Landdrostei beauftrage am 23. März das Amt Iburg, Franz „Schulte wegen seiner wiederholten Trunkfälligkeit und Vagabondage ... mit einer achttägigen Gefängniß-Strafe, abwechselnd bei Wasser und Brot, zu belegen“ und „ihn an seinem Wohnorte unter strenge polizeiliche Aufsicht zu stellen“. Am 6. April wurde „der Taugenichts“ entlassen, am 30. April aber wieder „in einem total betrunkenen Zustande“ aufgegriffen und verhaftet. Am 7. Mai 1838 nannte der Arzt die Flechte „soweit gebessert, daß sich baldige Heilung oder doch solcher Grad von Milde in Aussicht stellt, er werde fortan keine Besorgnis der Ansteckung erregen“. Sofort hielt das Amt Iburg fest, dass es „noch immer sein sehnlichster Wunsch (sei), nach America auswandern zu können, und werde er es dankbar anerkennen, wenn er dorthin geschickt werde“. Man empfahl der Landdrostei Osnabrück „Einsperrung ins Zuchthaus“, aber doch eher die „Übersiedlung nach America“. Osnabrück wollte sich noch nicht entscheiden, fragte aber nach der evtl. Übernahme der Kosten durch die Heimatgemeinde Hagen (21. Mai 1838). Die lehnte ab, „da zu besorgen stehe, daß andere Taugenichtse, die sich jetzt noch ohne Beistand der Gemeinde hinzuhelfen suchen, dadurch verleitet werden könnten, ebenso arg zu werden, um von dem Kirchspiele ein gleiches zu ertrotzen“, ließ sich aber schließlich auf die Übernahme der Hälfte der Kosten (25 Taler) ein, um einer evtl. lebenslänglichen Unterbringung des Franz Schulte im Armenhaus der Gemeinde zu entgehen (29. Mai 1838). Die Bauernschaften Natrup und Gellenbeck verweigerten sich. „Der Franz Schulte (müsse) hier bleiben, und nicht weggeschickt werden, Weil er gesund ist und wohl arbeiten kann“ (1. Juni 1838). Das Amt Iburg bat Landdrostei und Innenministerium doch zu bedenken, dass die frühere Übersiedlung eines „eben so argen Taugenichts und noch gefährlicheren Menschen“ schon genug gekostet habe (4. Juni 1838).

Am 25. Juni 1838 bewilligte das Innenministerium die Übersiedlung. Es übernahm die restlichen Kosten, beauftragte das Amt Lehe bei Bremerhaven mit der Organisation des Unternehmens und übersandte „einen Fortbringungs-Befehl“. Am 8. Juli wurden die 25 Taler angewiesen, am 9. Juli die Landdragoner aufgefordert, den „Franz Joseph Schulte aus Hagen, welcher für sein wiederholtes Vagabundieren nach America übersiedelt werden soll, ... im hiesigen Gefängnisse in Empfang zu nehmen und an das Königl. Amt Lehe zu transportieren und abzuliefern“. Ein „Signalement“ wurde mit geliefert:

Alter:                           angeblich 37 Jahre
Größe:                          5 Fuß 10 Zoll
Statur:                          schlank
Haare:                          braun
Augenbr.:                     braun
Augen:                          blau
Nase:                            groß
Mund:                           ordinair
Zähne:                          vollzählig gesund
Kinn:                             rund
Gesicht:                        oval
Gesichtsfarbe:             gesund
Bes. Kennzeichen:       Eine längliche Narbe auf dem Zeigefinger linker Hand
                                      Spricht Plattdeutsch“

An Kleidungsstücken wurden aufgelistet: „ein Kamisol von blauem Tuch, ein blauleinener Kittel, ein neues blaues Tuchbeinkleid u. ein altes, ein blaues leinenes Beinkleid, drei neue Hemden, ein altes do., eine wollene neue Weste, eine neue und zwei alte Sommerwesten, zwei Halstücher, zwei Taschentücher, ein Paar Schuh, ein paar Halbstiefeln, drei Paar neue wollene Socken, eine graue Kappe mit Schirm, eine braune Kappe mit Schirm, eine alte Unterjacke, ein Paar Hosenträger, zwei Kämme, ein leinerner Beutel zum Transport der Sachen, ein Spiegel, zwei Bürsten, ein Gebetbuch“.

Das Amt Lehe berichtete am 7. August 1838 dem Amt Iburg, Franz Schulte sei am 23. Juli 1838 in Lehe eingetroffen und am 5. August an Bord des „nach Baltimore bestimmten Amerikanischen Schiffes Triumpf“ gegangen, aber wegen „widrigen Windes“ erst am 21. August „in See gegangen“. Die Rechnung lag dabei: 42 Taler Courant (37 Taler Gold) hatte die Passage gekostet. 4 Taler Courant bekam der Krämer Bösch für „Utensilien zur Reise“ („Wollene Decke, gefüllter Strohsack, Blechernes Eß- und Trinkgeschirr, Taschenmesser, Gabel und Esslöffel, Seife und Handtuch, Tabak und Rasiermesser“), der „Commissionair Buerforth“ 2 Taler Courant „für Besorgung des Passageplatzes, Abholung und Beaufsichtigung des Passagiers während seines Aufenthalts an Bord des Schiffs zu Bremerhaven“. 9 Taler erhielt Franz Schulte, um in Baltimore nicht mit leeren Händen dazustehen.

Das Amt Iburg berichtete am 14. September 1838 abschließend „betr. die Fortschaffung des Franz Joseph Schulte aus Hagen nach America“. 75 Taler waren nun doch aufzubringen, weil der „Schulte überall keine Kleidungsstücke besaß, welche sich, da vom Königl. Amt Lehe das Erforderniß einer anständigen Bekleidung gestellt worden, zur Übersiedlung geeignet hätten“.

Der Fall Franz Schulte war nicht spektakulär, er war eher alltäglich. In Armut aufgewachsen, vernachlässigt, vielleicht lernbehindert, bietet sich bald der Alkohol an. Er wird ausgenutzt, wehrt dies hilflos ab, wird immer wieder rückfällig, wird immer wieder bestraft, wobei sich zum kriminalisierten Vagabundieren, Betteln und Trinken notgedrungen der Diebstahl gesellt. Das lässt die Beteiligten zur Ausgrenzung in der Heimatgemeinde und zur Wegschaffung nach Amerika greifen; beides erscheint ihnen als allein noch mögliche Therapie. Die Wegschaffung gelingt eher, wenn Ausgrenzung selbstverständlich ist und von Amts wegen entschlossen betrieben wird.

Die Familien Böhmer und Tewitz (1839)

Am 9. Februar und am 15. März 1839 berichtete der Amtsvogt Meyer in Hunteburg dem Amt Wittlage „betreffend die Auswanderung“ der Musikanten- und Zigeuner-Familien Böhmer und Tewitz. Er, Meyer, würde es sich „stets zum Vorwurfe machen, wenn (er) nicht Alles was in seinen Kräften gestanden, zur Fortschaffung dieser Zigeuner, ... die sich vermehren wie die Monats-Tauben, gethan hätte“. Geschehe das nicht, so könne man „mit großer Gewißheit annehmen, daß diese Zigeuner nach Verlauf von einigen Jahrzehenden einen großen Theil der hiesigen Bevölkerung ausmachen werden, da sie sich nicht damit begnügen, unter sich - der Vater mit der Tochter und der Bruder mit der Schwester - Hurerey zu treiben, sondern auch alle Jahr einen oder mehrere Spröslinge von ihren Streifzügen mit zurückbringen“. Für die Familien Tewitz und Böhmer bot das Innenministerium am 25. März und 21. Juni 400 Taler Courant an (150 Taler folgten noch am 8. November 1839). Schon am 22. Juni wurde das Geld angewiesen. Am 1. Juli 1839 schrieb Amtsvogt Meyer seinen Vorgesetzten, man habe den Schiffs-Passage-Contract mit dem „Handlungs-Haus Sparkuhl & Meyer in Bremen“ abgeschlossen und er werde „für eine möglichst sichere Begleitung der Tewitzschen und Böhmerschen Familien an Bord des Schiffes Neptun ... Sorge tragen“. Er werde es „überhaupt an nichts fehlen lassen, was nur irgend die Sicherheit erheischt, damit diese unnützen Subjecte wirklich nach Amerika übersiedelt und dem hiesigen Kirchspiele, trotz aller aufgewendeten Kosten und Mühe, ferner nicht mehr lästig werden“. Am 22. August 1839 folgte der abschließende Bericht und die detaillierte Schluss-Rechnung des Amtmanns Vogt. Mit dem Bremer Schiff „Die Weser“ seien die beiden Familien und der „Heimathlose Ferdinand Rosenberg“ (19 Personen) am 24. Juli „glücklich nach Baltimore ... in See gegangen“, bis zuletzt, auch noch an Bord, bewacht von dem Colon Johann Meyer aus Meyerhofen. Für 1213 Taler, 514 hatte die Gemeinde selbst zu tragen, war „das arme Kirchspiel Hunteburg auf einmal von 19 unnützen und zum Theil gefährlichen Subjecten gesäubert“ worden.

Je 15 Taler Gold sollte Kapitän Gerken den beiden Familienvätern in Baltimore aushändigen, als Startgeld. Und der Instrumentenhändler Höffert in Osnabrück ist aufgelistet mit 22 Talern, die er für „verschiedene Musikinstrumente“ bekam: ein Abschiedsgeschenk der Gemeinde Hunteburg an die Fortzuschaffenden ...

Jobst Heinrich Lembrock (1842?)

Nicht immer erreichten Gemeinden, was sie, mit starken Worten gerechtfertigt, von oben erbaten. Der „Amtsvogt Blume aus Buer“ beantragte am 18. April 1842 beim Amt Grönenberg „100 Taler Gold aus öffentlichen Fonds zur Uebersiedelung“ des Heuerlings Jobst Heinrich Lembrock, seiner Ehefrau und beider Kinder „nach Amerika“. Die „öffentliche Stimme“ bezeichne „diesen Menschen als der öffentlichen Sicherheit in der Nähe und in der Ferne sehr gefährlich“. Er sei ein „verschmitzter, lästiger Mensch“, habe zwei Jahre im Zuchthaus gesessen und sei erst gerade wieder aus der Untersuchungshaft entlassen worden. 30 Taler seien von den Bauernschafts-Vorstehern bewilligt worden. Darum erlaube er sich nun, „hochherrliches Königliches Amt inständigst um kräftige Verwendung bei Königlicher Landdrostei, dahin zu ersuchen, daß die fehlenden 70 Taler Gold ... bewilligt werden“. Der Bescheid von oben war negativ (22. April 1842). Dem Lembrock könne „der Character der Gemeingefährlichkeit in dem Maße, wie der Bericht es (ausspreche), nicht ertheilt werden“. Es sei also Sache des Kirchspiels, für diese Übersiedelungen zu sorgen. Ein Beitrag „aus den öffentlichen Fonds könne füglich unterbleiben“, weil „die Mittel des Kirchspiels Buer ... bedeutend seien“. Zahlungen wären „eine Unbilligkeit gegen andere Kirchspiele das hiesigen Amts“, die, „obgleich ärmer“, Personen allein auf Kosten der Gemeinden nach Amerika übersiedelt hätten. Nur bei „Gefährlichsten (sei) eine Unterstützung aus den öffentlichen Fonds zu erwarten“. – Das „gefährliche Subject“ Jobst Heinrich Lembrock wurde auf Anordnung des Amtes Grönenberg vom 1. Juli 1842 „unter die strengste polizeiliche Controlle“ gestellt. Er durfte sich „one obrigkeitliche Erlaubnis keine Nacht außer Hause aufhalten, ... wie denn überhaupt sein Thun und Trachten genau zu beobachten“ sei.

Caspar Heinrich Möller (1842)

Ämter halfen gerne, wenn Gemeinden bezahlten. Der Amtsvogt von Riemsloh bat am 17. Februar 1842, die zur „Uebersiedelung des Caspar Heinrich Möller erforderlichen Schritte gefälligst bald thun zu wollen“. Schon am 1. April kam die Nachricht, dass Möller aus der Untersuchungssache herausgenommen, aber unter polizeilicher Aufsicht bleiben werde. „Daß jener Mensch nach Amerika spediert“ werde, sei „ein großes Glück für die ganze Umgegend“. Es werde noch „vermehrt werden, wenn noch mehrere seines Gelichtens ihn folgen könnten, wozu hier bei einigen Personen dieses Schlages sich auch Aussichten eröffnet haben“. Schon am 23. April 1842 schrieb das Amt Lehe, Möller sei „heute mit dem Schiff Elise in See gegangen“ (8 Taler Überschuss waren beigefügt.). Am 8. Juni 1842 traf er in Baltimore ein, registriert als einer von 176 Passagieren: H. Müller, 48, aus Hasseln (Aschen?), Schuhmacher, mit einem Gepäckstück, auf dem Wege nach St. Louis (NAMP).

Conrad Jansen (1843)

3 ¾ Jahre Zuchthaus von 10 (wegen Diebstahls) hatte Conrad Jansen aus Leer abgesessen, als er am 9. Juli 1842 „die Übernahme der Verschiffungs-Kosten behufs seiner Übersiedelung nach Amerika“ von der „Rentkammer zu Meppen“ in einem „ganz gehorsamen Gesuch“ erbat und sich darin erlaub(t)e“, es „kurz zu substantiieren“. Er habe „das Zutrauen“ seiner „Mitmenschen“ verloren, so dass er nach seiner Entlassung in gut 6 Jahren „außer Stand gesetzt“ sei, „hier auf rechtlichem Wege eine Subsistenz zu finden“. Er würde wieder „der Armen Kasse zur Last fallen, oder auf der Bahn fortschreiten müssen, die (ihn) bereits in so großes Unglück gebracht“ habe. Er möchte sich aber „ehrlich durchschlagen“, und darum bleibe ihm „kein anderer Ausweg, als die Auswanderung nach Westen“. Die liege aber auch im Interesse des Königreichs Hannover. Hier in der Strafanstalt müsse er noch „in casum casus mindestens für 6 Jahre zur Last fallen, wogegen die Übersiedelungskosten im Ganzen nur etwa 75 Taler“ betrügen. Die abschließenden Bemerkungen unterzeichnete Conrad Jansen mit ungelenker Handschrift: „Sollte ich mich mit dieser Vorstellung an die unrechte Behörde gewandt haben; so wollen Herzogliche Rentkammer dies mit meiner Unkunde entschuldigen und solche brevi manu loco competenti zu übermitteln die Gewogenheit haben. Desuper humillime implorando.“ Tags darauf (10. Juli 1842) reichte die Direktion des Zuchthauses in Emden diese „Vorstellung“ an das „Criminalamt in Meppen“ weiter mit der Anmerkung, „das Betragen und der Fleiß“ des Conrad Jansen seien „fortwährend ohne Tadel gewesen“ und er sei „nie mit Disziplinar-Strafen belegt worden“. Die Rentkammer in Meppen bewilligte am 13. September 75 Taler Courant. Am 10. Dezember 1842 berichtete die Zuchthausdirektion dem Criminal-Amt und dieses der Rentkammer (14. Dezember): „Des Königs Majestät haben gnädigst geruht, den hiesigen Züchtling ... Conrad Jansen ... unter der Bedingung der Übersiedelung nach Amerika zu begnadigen.“

Heinrich Tietz (1845)

Aus der Haft Entlassene waren auf ihre Heimatgemeinde angewiesen, hatten es aber schwer, dort wieder Fuß zu fassen. Für Heinrich Tietz bewilligten die Vorsteher des Kirchspiels Dissen am 21. Dezember 1844 das „Ueberfahrts-Geld nach Amerika ... in Hinsicht daß er als eine Kirchspielsbelästigung wegen nicht habenden ordentlich unterhaltenden Brodterwerbes zu betrachten sei und das Kirchspiel sich Glück zu wünschen habe, seiner los zu werden“. Im Schreiben an das Amt Iburg vom 4. Februar 1845 wurde ein Zuschuss erbeten, „im Interesse der öffentlichen Sicherheit“. In den „Kriminaltabellen des Amtes“ komme er doch öfters vor und da sei auch seine Charakteristik zu finden. Er sei „schlecht erzogen“ und habe sich „stets in Gesellschaft von ... Diebesgesindel umhergetrieben“. Das Innenministerium aber hat „sich nicht bewogen finden können, ... eine Beihülfe aus der Königlichen General-Kasse zu bewilligen“ (18. März 1845). Daraufhin hat die Gemeinde allein die Kosten übernommen und die „Transportation“ organisiert. Seiner Krätze wegen sei Heinrich Tietze aber schon in Bremen abgefangen worden, schrieb der Amtsvogt dem Amt Iburg am 19. April 1845. Ihm sei es wohl nicht allzu ernst mit der Auswanderung, sonst wäre er nicht nach Dissen zurückgekehrt und er hätte sich schon „in Bremen von der Krätze befreien lassen“ und sich nicht „herumgetrieben mit die Frauensleute“. Am 17. Mai 1845 meldete man dem Amt Iburg, er sei „ganz geheilet hier wieder eingetroffen“ aus dem „Krätzezimmer des Stadtkrankenhauses zu Osnabrück“, wohin die Gemeinde ihn geschickt hatte. Der Bremer Makler Heineke lehnte nun aber den Transport ab, da Heinrich Tietz “mit Gendarmen angeliefert“ werden sollte. Es sei den Bremer Maklern „streng untersagt, Spitzbuben und Vagabunden zu expedieren, wegen der vielen Klagen, die in der letzten Zeit aus Amerika eingelaufen (seien), daß wir ihnen alles Ausschuß aus Deutschland hinschicken“ (30. April 1845). Also wurde er nicht über Bremen/Bremerhaven, sondern über Lehe/Bremerhaven „expediert“. Am 21. Mai 1845 schrieb das dortige Amt beruhigend nach Dissen, es verstehe sich „natürlich, daß von diesem Transporte für sein Fortkommen in Amerika überall keine nachteiligen Folgen zu erwarten“ seien.

August Wilhelm Stürmann (1849)

Am 22. März 1844 entdeckte der Organist in der Kirche zu Dissen einen „krummen Nagel im Schlüsselloche ... des Kelchschrankes“. Sofort schrieb er dem Amtsvogt, es sei wohl „mit ziemlicher Gewißheit anzunehmen“, dass der „unnütze Stürmanns Junge ... den Versuch (habe) machen wollen, die Kelche zu stehlen“.

Der "krumme Nagel" (StO)

August Wilhelm Stürmann, am 15. Juli 1832 „im Entbindungshause zu Osnabrück“ geboren, war jetzt gut 11 ½ Jahre alt. Drei Diebstähle hatte er einen Monat zuvor dem Amtsvogt gestanden; in Hilter war er bei einem Schuhmacher untergebracht worden. Den Bericht hatte der Vogtgehilfe soeben (18. März) an das Amt Iburg geschickt.

Schon am 14. November 1842 hatte der Pastor von Dissen sein Urteil über den damals Zehnjährigen gefällt. Seine Mutter habe „die Hurerei zum Gewerbe gemacht“, lebe „in wilder Ehe“ und habe „eine ganze Reihe unehelicher Kinder“ von verschiedenen Männern, so dass „es nicht befremden“ könne, „daß der Knabe in höchstem Grade verwilderte und bald eine Bösartigkeit entwickelte, die Jedermann mit Schrecken erfüllte“. Er habe „eine unglaubliche Fertigkeit in Lug und Trug“ entwickelt, so dass „er dem durchtriebensten Bösewichte kaum mehr an Unverschämtheit und Schlauheit“ nachstehe. Er versuche es „mit kleineren Diebereien“, versäume häufig die Schule, sei der Mutter entzogen und, aus „kirchlichen Armenmitteln“ eingekleidet, einer „ehrlichen und braven Familie“ als Pflegesohn übergeben worden. Sechs Mal habe man ihn wieder „eingefangen“ und, „auf die heftigste Weise gezüchtigt, ... zu seinen Pflegeeltern zurückgebracht“. Abermals sei er „entlaufen“, so dass nichts übrig bleibe als „den Knaben Königl. Amte zur Bestrafung zu übergeben“, damit er „einer Besserungs-Anstalt überwiesen“ werde.

Am 16. Juni 1844 bescheinigte Hamburgs oberste Polizeibehörde dem Amt Iburg, „daß der Aufnahme des Knaben August Wilhelm Stürmann in das hiesige rauhe Haus für die Dauer von 4 Jahren kein Bedenken entgegen stehe“. Der geistliche Rat aus Dissen hatte Wirkung gezeigt und das Amt Iburg dazu veranlasst, geistliche Hilfe im fernen Hamburg in Anspruch zu nehmen.

Johann Hinrich Wichern (1808-1881), 1848 Mitbegründer der Inneren Mission der deutschen evangelischen Kirche, hatte im Oktober 1833 mit Mutter und Schwester die Bauernkate „Ruges Hus“ (hochdeutsch fälschlich „Rauhes Haus“) in Horn bezogen, um dort eine „Rettungsanstalt für verwahrloste Jungen“ einzurichten, die in „Kinderfamilien“ lebten, unterrichtet und beruflich ausgebildet wurden.

Ein Zwischenbericht aus dem „Rauhen Haus“, eingegangen im Amt Iburg am 7. August 1847, bescheinigte, dass die beim „Knaben A. W. Stuermann . . . tief eingewurzelte Verwilderung“ und der „eingefleischte Bettlercharacter ... schwerlich je ganz weichen würden“. Und doch bleibe „Hoffnung zum besseren“, auch wenn Arbeit und Aufsicht und unermüdliche Geduld bisher „ohne alle Frucht geblieben“ seien. Zuweilen trage „die Wahrheit in ihm den Sieg über die Lüge davon“, so dass man hoffen könne, „in ihm einen ordentlichen Arbeiter heranwachsen zu sehen“.

Zwischenbericht "ueber den Knaben Stuermann" aus dem "Rauhen Hause", im Amt Ihorst registriert am 7.
August 1847 (StO)

Johann Hinrich Wichern hat im März 1849 den Zögling August Wilhelm Stürmann dem Amt Iburg „zurückgeliefert“ und dazu Bericht erstattet. In einer seit Beginn seiner Arbeit im Rauhen Haus „nicht vorgekommenen Weise (habe) sich in dem Burschen ein sehr gefährlicher Diebssinn entwickelt“, der in der Anstalt „in sittlicher Beziehung vielen Schaden angerichtet“ habe. „Mit allen Mitteln der Strenge und Güte (scheine) nichts erreicht zu sein“. Mittlerweile drohe August Wilhelm Stürmann „selbst polizeilich gefährlich für die nachbarliche Umgebung des Instituts zu werden“. Die erzieherischen Mittel des Rauhen Hauses seien erschöpft. Er habe „die hiesige Polizeibehörde ersucht, den Stürmann sofort nach Iburg zurückzuschicken“.Johann Hinrich Wichern hat im März 1849 den Zögling August Wilhelm Stürmann dem Amt Iburg „zurückgeliefert“ und dazu Bericht erstattet. In einer seit Beginn seiner Arbeit im Rauhen Haus „nicht vorgekommenen Weise (habe) sich in dem Burschen ein sehr gefährlicher Diebssinn entwickelt“, der in der Anstalt „in sittlicher Beziehung vielen Schaden angerichtet“ habe. „Mit allen Mitteln der Strenge und Güte (scheine) nichts erreicht zu sein“. Mittlerweile drohe August Wilhelm Stürmann „selbst polizeilich gefährlich für die nachbarliche Umgebung des Instituts zu werden“. Die erzieherischen Mittel des Rauhen Hauses seien erschöpft. Er habe „die hiesige Polizeibehörde ersucht, den Stürmann sofort nach Iburg zurückzuschicken“.
Übersendung des "Knaben Stürmann, als entlassen aus dem Rauhen Hause", "Effecten-Verzeichniß" , unterzeichnet von "J. H. Wichern" am 20. März 1849 (StO)

Johann Hinrich Wichern fand aber noch tröstende Worte für die Beamten in Iburg und Dissen: „Mannigfach andere Erfahrungen belassen mir auch für den Stürmann noch den Rest einer Hoffnung, daß die Saat einer 5jährigen mühevollen Arbeit nicht doch noch eine erwünschte Frucht bringen werde“.

Die Gemeinde Dissen mag diesen Strohhalm als Alibi benutzt oder aber sich an ihn geklammert und alle Hoffnung auf „Nordamerika“ gesetzt haben. Am 28. September 1849 berichtete der „Vogtygehülfe zu Dissen“ dem Amt Iburg, dass „der Knabe August Stuermann“, jetzt 17 Jahre alt, vom Vorsteher Möller am 15. September ins Oldenburgische Brake und dort auch an Bord gebracht worden sei zwecks „Überschiffung nach Nordamerika“. Von seiner Heimatgemeinde ist er „ausgerüstet worden mit 2 Oberröcken, 3 Beinkleidern, 3 Hemden, 3 Westen, 1 Unterjacke, 2 paar Schuhe, 2 paar Strümpfen, 3 Schnupftüchern, 1 Halstuch, 2 Kappen, 1 Taschenuhr, 1 Messer, 1 Gabel, 1 Löffel, 1 Kamm, 1 Bürste, Blechgeschirren zum Essen und Trinken, 1 Beutel“. 7 Taler wurden einem zuverlässigen Auswanderer anvertraut, um sie August Wilhelm Stürmann „bei seinem Austreten aus dem Schiffe in Nordamerika zu übergeben“.

Am 26. November 1849 wird er in New Orleans die 7 Taler bekommen haben. Auf der Passagierliste der „ India“ ist ein „Augst. Stürmann“, „farmer“ aus „Dissen“, eingetragen (NAMP).

Passagierliste der "Indiana":
National Archives, Washington D.C.
Heinrich Wilhelm Meyer (1856)

29 Jahre alt war der Schneider Heinrich Wilhelm Meyer aus Dissen am 28. März 1854, als das Werkhaus Moringen feststellte, Meyer scheine „im Ganzen mehr ein sehr leichtsinniger und charakterschwacher als ein böswilliger Mensch zu sein“. Er habe um Mittel zwecks Auswanderung nach Amerika nachgesucht, da er befürchte, „in der Heimath den Versuchungen alter Bekannter und der Verachtung der Besseren nicht lange widerstehen zu können“. Also drohe er „wahrscheinlich zu einer Dauerlast“ für die Gemeinde zu werden. Die Landdrostei Osnabrück lehnte am 3. Juni 1854 eine Beihilfe ab, und schon am 12. Juni wurde er abermals zu 1 ½ Jahren Werkhaus mit anschließender einjähriger Polizeiaufsicht verurteilt. Der „Amtsgehülfe Rüpke zu Laer“ lieferte 10 Tage später ein verachtendes Verdikt nach: Es erscheine „wünschenswerth und nothwendig, dieses nichtsnütze Mitglied der menschlichen Gesellschaft so lange als möglich unschädlich zu machen“. Am 10. April 1855 erklärte sich die Gemeinde Dissen bereit, die Kosten dafür zu übernehmen. Und mit sich selbst entlastender Fürsorge schrieb das Werkhaus Moringen am 15. Juni 1855 dem Amt Dissen, Freunde in New York, aus Bederkesa dorthin ausgewandert, „bei denen er früher gearbeitet habe“, übernähmen „sehr gern die Verpflichtung, für ihn (zu) sorgen und gegen ein Einschreiten der dortigen Polizei (zu) schützen“.

Am 17. Januar 1856 bot Heinrich Wilhelm Meyer an, nach Holland zu gehen und sich dort ein „Unterkommen zu verschaffen ..., wenn die Auswanderung nicht in Ausführung zu bringen“ sei. Am 1. März könne Meyer schon von Bremen aus „absegeln“, teilte Dissens Amtsvorsteher am 25. Januar 1856 dem Amt Iburg mit. Am 16. Februar werde er aus dem Werkhaus entlassen. Meyer erbitte „Auswanderungsschein und Zeugnis“, dass er sich „noch nicht in einer Criminaluntersuchung befunden“ habe. Beides wird er bekommen haben. Am 6. Mai 1856 ist er mit der Bark „Eberhard“ in New York eingetroffen (NAMP).

Eberhard Jürgen Hartmann (1856)

Der Drechslermeister Eberhard Jürgen Hartmann aus Borgloh, 1852 wegen Körperverletzung und Todschlag zu 4 ½ Jahren Zuchthaus verurteilt, hatte am 1. Juli 1856 noch ein Jahr und 3 Monate in Celle abzusitzen, als er für sich und seine Familie (7 Personen) beim Amt Iburg die Übersiedelungskosten erbat, um dann „beim Königlichen Ministerium zu Hannover (seine) Begnadigung unter der Bedingung der Auswanderung“ zu beantragen. Ob er nun nur noch geringe Chancen sah in seiner Heimatgemeinde oder ob er dies nur vorgab: Sein „gehorsamstes Gesuch“ betonte, dass sein „öffentliches Vertrauen, wenn nicht ganz verschwunden, doch wenigstens ganz schwankend geworden“ sei, wodurch „die Unterhaltung einer Familie von gegenwärtig noch 6 Mitgliedern ... ungleich schwerer“ sei; seine „damaligen Kunden (hätten) sich alle verloren“. Zum Ackerbau fehlten ihm Ländereien und Mittel, so dass er „früher oder später unwillkührlich und rathlos dem Gemeinde-Armen-Wesen in die Arme fallen“ werde. Ein „redliches Durchkommen“ und einen „neuen heimathlichen Heerd“ könne er aber in Amerika bei dreien seiner Söhne finden, wenn das Amt Iburg die „Kosten der Übersiedelung ... aus Gemeinde-Mittel“ bewillige, unter Berücksichtigung „der hier einschlagenden und maßgebenden Verhältnisse“.

Der „Amtsgehülfe Rüpke zu Laer“ fand die Verhältnisse gar nicht „einschlagend“ (25. Juli 1856). 210 Taler seien noch aufzubringen, 60 habe er schon aus Amerika erhalten. Mindestens 300 Taler brächten aber „des Supplicanten“ Hausrat, „2 werthvolle Kühe und 1 gutes Schwein“, so dass die „desfallsigen Kosten aus eigenen Mitteln zu bestreiten“ seien. Er habe eine „Heuerwirthschaft“ gepachtet und er könne „durch sein Handwerk als Spinnrademacher seine Familie sehr wohl ernähren“. Zudem werde erzählt, dass seine Frau über die 60 Taler hinaus „schon zwei Mal nicht unerhebliche Geldsummen von Amerika“ erhalten habe. Darum habe der „Gemeindevorstand zu Borgloh jede Beihülfe zu den fraglichen Übersiedelungskosten abgelehnt“.

Am 26. August 1856 gewährte die Landdrostei Osnabrück „dem am 14. April 1840 geborenen Franz Heinrich Hartmann zu Eppendorf die erbetene Bescheinigung behuf seiner Auswanderung nach Amerika“. Das Amt Dissen hatte sie am 20. August 1856 beantragt; die Ehefrau „des Züchtlings“ darum nachgesucht. Tat und Bestrafung des Vaters hätten „dessen Familie in große Bedrängniß“ gebracht. Drei Söhne seien schon in Amerika. Ihnen gehe „es ganz wohl“ und sie seien „bereits im Stande, ihre Eltern zu unterstützen“. „Dem Supplicanten und einer Schwester“ hätten sie bereits „das Ueberfahrtsgeld gesandt und versprochen, für das Unterkommen derselben Sorge zu tragen“.

Eberhard Jürgen Hartmann hat am 13. August 1859 einen auf ein Jahr gültigen Reisepass erhalten. Am 5. November 1859 ist er 58-jährig mit seiner Frau (63) und 4 Kindern (22, 20, 18, 16) mit auf der „Magdalene“ in New Orleans eingetroffen. (NAMP)

Hermine und Fenna Snoeing (1859)

Hermine und Fenna Snoeing aus Neuenhaus sind 1859 im Alter von 32 und 20 Jahren in die USA übersiedelt worden.

Der Amtsgehilfe Fiene hatte am 11. Mai 1859 beider Strafregister zusammengestellt. 1854 und 1857 hatte Hermine Snoeing 114 Tage „wegen Diebstahls“ im Gefängnis gesessen, 1854 „wegen Hausfriedensbruchs“ 27 Tage und „wegen Amtsehrenbeleidigung“ 14 Tage im Jahre 1857. „Bettelei und Vagabondage“ hatten ihr von 1844 bis 1859, zuletzt noch im April des Übersiedlungsjahres, 116 Tage Haft eingebracht, ihrer Schwester Fenna in den Jahren 1856 und 1859, auch noch im April, 56 Tage.

Hier taten sich Kirchengemeinde, Bürgerschaft und Magistrat zusammen.

Am 5. April 1859 ging der Beschluss des „Kirchenraths“ an das Amt Neuenhaus, „daß die genannten Personen unter allen Umständen weggeschickt werden sollen“. Ohne Legitimationspapiere habe Hermine Snoeing sich bettelnd „außerhalb ihrer Heimath“ umhergetrieben, und Hausieren mit Kunstblumen, Passfälschung und „Concubinat“ werde ihr vorgeworfen.

Der Magistrat der Stadt Neuenhaus berichtete dem Amt am 14. April 1859, dass „eine Collecte ... veranstaltet werde“ und „Magistrat und Bürgervorsteher beschlossen (hätten), zu den Überfahrkosten ... 25 Taler aus der Stadtkasse zu bewilligen“. Schon am 18. April reagierte das Amt Neuenhaus: Die Geschwister seien mit 12 Taler Handgeld und mit einer Begleitung bis Bremerhaven einverstanden. Sie wollten „am liebsten auf New York, nicht aber auf Baltimore“ und Hermine erwarte, dass für ihre beiden Kinder „gehörig gesorgt“ werde. Hermine und Fenna Snoeing unterschrieben jeweils mit 3 Kreuzen. Auch die Landdrostei bewilligte am 28. Mai noch 30 Taler, so dass dem Kirchenrat, dem Magistrat und den Bürgervorstehern nichts mehr im Wege stand, die „beiden Snöyingschen Töchter von hier wegschaffen zu können“.

Hermine und Fenna Snoeing sind am 25. August 1859 mit der Bark „Laura“ in New York eingetroffen (NAMP).

1864 wurden die beiden Kinder, nun 12 und 8 Jahre alt, nachgeschickt, zusammen mit einem unehelichen Kind der verstorbenen Schwester Johanne und mit Jan Hendrik Snoeing, dem nun 62jährigen Vater der schon 1859 weggeschafften „Snoyingschen Töchter“.

Das Amt Neuenhaus schrieb der Landdrostei Osnabrück am 21. April 1864, Hermine Snoeing, in New York verheiratet, habe den Vater gebeten, mit den 3 Kindern nachzukommen. Der sei „vollständig arm und (habe) der Armenverwaltung schon viele Unkosten verursacht“. Es sei „daher sehr wünschenswerth, daß dieser Familie zur Auswanderung verholfen“ werde. Die ganze Familie tauge nicht. Seit 1845 sei Jan Hendrik Snoeing, Tagelöhner, Korbmacher und Besenbinder, wegen Bettelei, Vagabondage, Trunkenheit, Diebstahl und Einbruch verurteilt worden. Das Amt habe ihm empfohlen, keine Legitimationspapiere mitzunehmen und vorzugeben, „die Kleinkinder hinbringen und seine Töchter besuchen zu wollen“.

Die Landdrostei bewilligte am 20. Mai 1864 für die 4 Auswandernden 40 Taler. 80 Taler zahlte die Stadt, und am 5. Juli 1864 bestätigte das Bremer „Commissions-, Speditions- und Wechsel-Geschäft“ E. Werner, dass sie „gestern mit dem prachtvollen Schnellsegler „Stella“ ... nach New York abgefahren“ seien. Er habe ihnen „noch 1 Taler und 6 Groschen zu kleinen Ausgaben geschenkt“. Ende März 1864 hatte Jan Hendrik Snoeing über „E. Werner & Co.“ von seiner Tochter aus New York noch 5 Taler erhalten.

6 Wochen hat die Reise gedauert. Am 17. August 1864 war der „prachtvolle Schnellsegler“, die „russian Bark Stella“, in New York (NAMP).

Leonhard Bodenstab (1863)

Die reformierte evangelische Gemeinde in Neuenhaus habe mitgeholfen, die Snoeing-Töchter „wegzuschaffen“; jetzt sei es an den Katholiken, „ihrem verarmten gemeingefährlichen Glaubensgenossen Leonhard Bodenstab eine bessere Zukunft zu verschaffen“, unterstrich der Magistrat der Stadt Neuenhaus in Schreiben an das Amt Neuenhaus am 17. Januar und am 29. April 1863. Nur 9 Taler erbrachte deren „Collecte“, 20 Taler hat das Innenministerium in Hannover beigesteuert (17. Februar 1863) und die Stadtkasse hat 41 Taler dafür hergegeben, so dass an der erforderlichen „Summe von mindestens 80 Talern“ noch „10 bis 12 Taler“ fehlten. Das Amt Neuenhaus gestattete darum am 11. Juli 1863 erneut eine „Collecte“, nun aber „unter den protestantischen Eingesessenen und Israeliten der Stadt, ... um des gemeingefährlichen Subjects sich entledigen zu können“.

Am 1. Mai 1863 war Leonhard Bodenstab 18 Jahre alt geworden. Die „Charakteristik“, erstellt von der Königlichen Direktion des Strafarbeitshauses zu Osnabrück (29. Juni 1863), listete von seinem 13. Lebensjahr an 3 Jahre und 4 Monate Arbeitshaus und 5 Monate Gefängnis „wegen Diebstahls“ auf. Er sei „in der Anstalt 9 Mal bestraft“ worden; aber „alle Bemühungen, diesen mit vielen Anlagen begabten jugendlichen Sträfling zu bessern, (seien) bislang ganz erfolglos geblieben“.

Am 29. Juli 1863 hatte er seine Strafe abgesessen. Auf Kosten derer, die sich seiner „entledigten“, wurde er in Osnabrück eingekleidet, der Polizei übergeben und von einem Beauftragten des Amtes Neuenhaus nach Geestemünde und Bremerhaven gebracht. Der kaufte ihm noch Strohsack und Decke, Geschirr und Tabak und übergab ihm 10 Taler für die ersten Tage in der Neuen Welt.

Anna Maria Valentin (1865)

Die „Geistlichen“ kapitulierten auch bei Anna Maria Valentin aus Glane. Am 29. März 1865 ließ der „Amtsvogt Bücher zu Iburg“ dies das Amt Iburg wissen. Alle Bemühungen seien gescheitert „und an Besserung (sei) nicht zu denken“. Sie wolle nach Amerika „und die Gemeinde (sei) bereit, behuf Realisierung dieses Wunsches ein Opfer zu bringen, um ein täglich Ärgerniß erregendes Subject los zu werden“. Die 32 Jahre alte Anna Maria Valentin sei wegen Diebstahl und Unzucht bestraft und sie habe die Gemeinde Glane schon 36 Taler gekostet: Vor 2 Jahren habe sie „an venerischer Krankheit gelitten“ und sei deswegen in Osnabrück im Krankenhaus gewesen. Man hoffe auf Mittel aus der Landdrostei, weil Glane „nicht unbedeutende Armenlasten zu tragen“ habe. Die Landdrostei gewährte zu den 60 Talern einen Zuschuss von 20 Talern (13. April 1865). Schon am 31. Juli 1865 konnte der Gemeindevorsteher Vollzug melden: Der Gemeindediener habe Anna Maria Valentin am „15. Juni mit einem Wagen nach Osnabrück, auf die Eisenbahn geführt“, sie nach Bremen und Bremerhaven „und den 18. Juni auf das große Segelschiff begleitet, wo das Schiff sogleich seine Ueberfahrt ausgeführt hat, (sie) also gewiß ausgewandert ist, und nie wieder zurückkommt“.

Acht Wochen war sie auf See. Am 12. August 1865 ist sie mit der „Nordstern“ in New York eingetroffen (NAMP).

Christian Heinrich Stichweh (1862/63)

Am 23. September 1862 bot das Werkhaus Moringen dem Magistrat der Stadt Bramsche an, für den dort beheimateten Sträfling Christian Heinrich Stichweh die Kosten zu übernehmen. Er habe den Wunsch, „nach Amerika auszuwandern“. Der Magistrat erklärte sich bereit, die „Kosten der Übersiedelung aus Gemeindemitteln“ zu bestreiten. Von Moringen aus solle sie durchgeführt werden, wenn dies nicht erheblich teurer komme als von Bramsche aus. Das könne von Moringen aus nicht „bewerkstelligt“ werden, schrieb das Werkhaus dem Amt Vörden am 15. Oktober 1862. Das Amt möge doch die Übersiedelung „selbst in die Hand nehmen“. Allerdings sei es „wohl das beste ..., wenn Stichweh direct von hieaus auf das betreffende Auswanderungs Schiff geschafft“ werde. „Diese Angelegenheit (werde sich) am leichtesten durch Vermittlung des Königlichen Amts Lehe ausführen lassen.“ Am 27. Oktober 1862 erklärte sich das Amt Lehe dem Amt Vörden gegenüber „vertraulich ... bereit, die fragliche Angelegenheit zu vermitteln“. Bis zum 5. November seien „48 Taler zu übermitteln, dazu ein „Auswanderungspaß ..., in dem übrigens nicht bemerkt sein (dürfe), daß er ein entlassener Sträfling“ sei. Stichweh solle sich mit einem „Legitimationsschein“ am 16. November bei dem Agenten Ankele in Geestemünde in der Borriesstr. melden, „welcher von uns mit der Besorgung derartiger Angelegenheiten betraut zu werden pflegt“. Am 17. oder 18. November werde „Stichweh alsdann absegeln“. Ihm sei „in seinem eigenen Interesse Stillschweigen über seine Entlassung aufzulegen, weil sonst seine Landung in Amerika gar nicht gestattet“ werde.

Die Aktion verzögerte sich. Am 26. November schrieb das Amt Lehe dem Amt Vörden, am 17. Dezember gehe das letzte Schiff ab, „mit dem im Winter gerechnet werden“ könne. Der Preis sei aber um 7 Taler Gold gestiegen, weil „zur jetzigen Zeit“ nur wenige Zwischendecks-Passagiere zu transportieren seien.

Das Werkhaus Moringen benachrichtigte das Amt Vörden (9. Dezember 1862), dass Stichweh am 1. Dezember seine Strafe „verbüßt“ habe. Er werde sofort nach Vörden geschickt, habe sich dort „bei Königlichem Amte zu melden“, so dass er noch rechtzeitig per Bahn nach Geestemünde geschickt werden könne, um sich am 16. Dezember beim Agenten zu melden.

Am 5. Januar 1863 meldete das Amt Lehe dem Amt Vörden Vollzug: „Ende des Monats“ sei der Stichweh „mit der Stella nach New York abgesegelt“. Die Abrechnung über 55 Taler sei erledigt.

Am 16. Februar 1863 ist Christian Heinrich Stichweh, jetzt 36 Jahre alt, in New York eingetroffen. Nur 41 Passagiere waren an Bord. (NAMP)

Mit Datum vom 15. September 1863 erhielt der „Herr Amtmann von Platow, Vörden“ im Oktober einen Brief vom Übersiedler Stichweh aus dem „Hospital Wards Island, New York“: „Bei der mir bekannten Theilnahme, die Sie so gern nothleidenden Menschen angedeihen lassen, wage ich es noch einmal, aus weiter Ferne Ihre Mildtätigkeit und Güte in Anspruch zu nehmen“. Seit der Abreise habe ihn „das Unglück in allen Gestalten umringt“. Schon „gleich nach Einschiffung“ sei er an „Lungenentzündung erkrankt“. Er liege „seit 8 Monaten“ in diesem deutschen Hospital, habe kein Geld mehr und solle deswegen in ein anderes Hospital gebracht werden, „wo nur Irländer hausen. ... Wenn ich unter diese rohen, bestialischen Menschen, die in der Regel voller Ungeziefer (sind) und nur englisch sprechen, kommen sollte, so müßte ich rein umkommen“. Da ziehe er schon eher vor, sich „wieder nach Deutschland schiffen zu lassen“. Es ergehe darum an den Herrn Amtmann „die höfliche Anfrage, ob es nicht möglich wäre, durch (dessen) Vermittlung einige Thaler-Geld zu erhalten“. Der „Vetter Hundling und noch mehrere andere Bewohner würden sich gewiß dazu verstehen (ihm) eine Unterstützung angedeihen zu lassen, wenn (er) sich herablassen wolle, die Sache in die Hand zu nehmen und für (ihn) ein gutes Wort einzulegen“. Er gebe sich der Erwartungen hin, dass er seiner „Bitte willfahren und (ihn) etwas unterstützen“ werde.

Der „Herr Amtmann von Platow“ hat das Gesuch „zur kurzen Hand“ an Untergebene in seiner Dienststelle weitergereicht, „zu gefälliger sachdienlicher Veranlassung“. Der Vorgang endet hier, mit dem Vermerk: „ad acta“.

Eine Bilanz

Die Übersiedelung des Schmiedegesellen Christian Heinrich Stichweh aus Bramsche ist ein beispielhafter Normalfall.

Bis zum bitteren Ende des Königreichs (1866) hat Hannover an seiner Politik festgehalten. Es war ein bewährtes Zusammenspiel von Bauernschaft/Gemeinde und Amt (Kreis), Landdrostei (Regierungsbezirk), Strafanstalten und Staatsregierung. Für die mehr oder weniger von diesen Institutionen gedrängte, wenn nicht gar genötigte, um Übersiedelung nachsuchende Person wurde nach dem Subsidiaritätsprinzip die Finanzierung der Einkleidung und der notdürftigen Ausstattung, der Reise und des Handgeldes für die ersten Tage/Wochen in den USA gesichert, aber auch der Transport nach Lehe und der Übergang nach Bremerhaven und aufs Schiff, zumeist an Bremen vorbei und unter den wenig wachsamen Augen bremischer Behörden, organisiert. „Übersiedelung“ war in Stadt und Land des angrenzenden Königreichs Hannover ein offenes Geheimnis, also wohl auch in Bremen. „Weggeschafft“ wurde mehr als 30 Jahre lang in Form von Einzelaktionen je nach Einschätzung der heimischen, der bremischen und der amerikanischen Bedingungen. Das Innenministerium hat in den 30er Jahren den Rahmen vorgegeben, den Handlungsspielraum abgesteckt.


Literatur

Richard J. Evans, Szenen aus der deutschen Unterwelt. Verbrechen und Strafe, 1800-1914. Reinbek: Rowohlt 1997

Uwe Hagen, Niedersachsen und Amerika. Aspekte ihrer Beziehungen, dargestellt anhand von Archivalien der niedersächsischen Staatsarchive aus Anlaß der 300. Jahresfeier der ersten deutschen Amerikaauswanderung (1683). O. O. u. o. J. (1983)

Anne-Katrin Henkel, „Ein besseres Loos zu erringen, als das bisherige war.“ Ursachen, Verlauf und Folgewirkungen der hannoverschen Auswanderungsbewegung im 18. und 19. Jahrhundert. Hameln: Niemeyer 1996

Karl Kiel, Gründe und Folgen der Auswanderung aus dem Osnabrücker Regierungsbezirk, insbesondere nach den Vereinigten Staaten, im Lichte der hannoverschen Auswanderungspolitik betrachtet (1823-1866). In: Mitteilungen des Vereins für Geschichte und Landeskunde von Osnabrück 61(1941), S. 85-176

Günter Moltmann, Die Transportation von Sträflingen im Rahmen der deutschen Amerikaauswanderung des 19. Jahrhunderts. In: Ders. (Hg.): Deutsche Amerikaauswanderung im 19. Jahrhundert. Sozialgeschichtliche Beiträge. Stuttgart: Klett 1976, 147-196

Reinhard Oberschelp, Politische Geschichte Niedersachsens 1803-1866. Hildesheim: Lax 1988

Horst Rössler, Hollandgänger, Sträflinge und Migranten. Bremen und Bremerhaven als Wanderungsraum 1750-1914. Bremen: Temmen 2000

Jürgen Schlumbohm, Lebensläufe, Familien, Höfe. Die Bauern und Heuerleute des Osnabrückischen Kirchspiels Belm in pro-industrieller Zeit, 1650-1860. Göttingen: Vandenhoek 1994

Detlef Schmiechen-Ackermann, Ländliche Armut und die Anfänge der Lindener Fabrikarbeiterschaft. Bevölkerungswanderungen in der frühen Industriealisierung des Königreichs Hannover. Hildesheim: Lax 1990

Zeitungen

Der Beobachter (Oldenburg)
-   5. September 1855

Neue Blätter für Stadt und Land (Oldenburg)
-   23. April 1845

Oldenburgische Blätter
-   6. März 1832

Oldenburgische Zeitung
-   26. Januar 1838
-   13. Juli 1838
-   30. Oktober 1846
-   16. Juni 1855
-   20. Dezember 1855

Osnabrücker Öffentliche Anzeigen
-   6. Februar 1833
-   24. August 1842
-   11. April 1846

Archivbestände

Niedersächsisches Hauptstaatsarchiv Hannover

StH: Hann. 9. Amerika Nr. 14

11. August 1851:            Schreiben des Amtes Lehe an das Ministerium des Innern: Vorschlag, „einstweilen keine Übersiedler mehr herzuschicken“; Nachlassen der Wachsamkeit des Amtsmanns in Bremerhaven

StH: Hann. 74. Medingen-Ebstorf, Nr. 98

7. Januar 1856:              Schreiben des Ministeriums des Innern an die Landdrosteien: „Thunlichst“ keine Auswanderung von Armen nach Britisch-Amerika (Kanada)

StH: Hann. 80. Hildesheim IE, Nr. 535

25. November 1834:      Schreiben des Ministeriums des Innern an die Landdrosteien: Ausdehnung der Verschiffung von zur Last fallenden Personen nach Amerika, Übernahme der Kosten

Niedersächsisches Staatsarchiv Osnabrück

A.      Allgemeines

StO: Dep 59b, Stadt Bramsche, Nr. 55

11. Mai 1833:                Publicandum des Amtes Vörden

20. April 1843:               Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Verbot privater öffentlicher Auswanderer-Anwerbung

19. August 1843            Publicandum der Landdrostei Osnabrück

StO: Rep 116 I, Nr. 4242, Vol. I

2. März 1832:                Schreiben der Königl. Preuß. Regierung (Münster) an die Landdrostei Osnabrück: Entzug der preußischen Staatsbürgerschaft bei Auswanderung

3. Dezember 1832:         Schreiben des Ministeriums des Innern an die Landdrostei Osnabrück: Erhalt der hannoverschen Staatsbürgerschaft bei Auswanderung

StO: Rep 335, Nr. 4243

6. September 1842:        Schreiben der Bauernschaft Achmer an die Landdrostei Osnabrück: Entlassung der Auswanderer aus der hannoverschen Staatsbürgerschaft

27. Oktober 1842:         Schreiben des Amtes Vörden an die Landdrostei Osnabrück: Entlassung der Auswanderer aus der hannoverschen Staatsbürgerschaft

7. November 1842:        Schreiben der Landdrostei Osnabrück an das Amt Vörden: Keine Entlassung der Auswanderer aus der hannoverschen Staatsbürgerschaft

StO: Rep 335, Nr. 10737

7./9. April 1849:             Obrigkeitliche Verordnung des Bremer Senats: Betreff der Beförderung von Schiffspassagieren

StO: Rep 350 Bers., Nr. 899 (Bersenbrück)

15. Oktober 1862:         Schreiben des Werkhauses Moringen an das Amt Vörden: Übersiedelung des Christian Heinrich Stichweh aus Bramsche

StO: Rep 350 Bers., Nr. 1011 (Bersenbrück)

10. September 1826:      Erteilung von Auswanderungs-Consensen an Antragsteller militärpflichtigen Alters

StO: Rep 350 Grö., Nr. 97 (Amt Grönenberg)

25. Mai 1835:                Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Verschiffung von umherschweifenden Personen nach Amerika, bei Rückkehr Einweisung in eine öffentliche Arbeitsanstalt

23. Juni 1835:                Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Einige Bestimmungen zur Verschiffung von Verbrechern nach Amerika

22. Mai 1840:                Schreiben des Ministeriums des Innern an die Landdrosteien, abschriftlich an die Ämter: Vorschriften zur Verschiffung von Verbrechern nach Amerika

StO: Rep 350 Has., Nr. 2a (Amt Haselünne)

7. Februar 1834:            Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Auswanderung 1834

16. Mai 1834:                Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Beobachtung der Rückkehr gänzlich mittelloser Auswanderer

8. Juli 1834:                   Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Zurückweisung mittelloser fremder Auswanderungslustiger

10. Juli 1840:                 Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Verweis auf hinreichende Sprachkenntnisse und Geldmittel der Auswanderer

15. September 1840:      Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Innerdeutsche Reiseroute der übersiedelnden Verbrecher nach Lehe (Helene Wendels)

23. Februar 1846:          Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Warnung vor der Einschiffung der Auswanderer in niederländischen Häfen

4. April 1846,                Schreiben der Landdrostei Osnabrück:
8. September 1848 / 23. August 1850: Passerteilung nach vierwöchiger vorheriger Veröffentlichung der Auswanderungsabsicht

6. August 1849:              Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Concessionsfreie Vermittlung der Auswanderung

27. Mai 1851/15. Juli 1851: Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Anweisung des Ministeriums des Innern, Auswanderer auf den Schiffsrheder Stürye aufmerksam zu machen.

19. März 1852:              Gesetzsammlung für das Königreich Hannover 1852:
Gesetz, betreffend die Beförderung von Schiffspassagieren nach überseeischen Häfen

12. Juni 1852:                Schreiben der Landdrostei Osnabrück:
Zusammenstellung der Vorschriften über Auswanderung

21. Mai 1855:                Schreiben der Landdrostei Osnabrück:
Bis auf Weiteres Zurückweisung von Anträgen zur Kostenübernahme von Übersiedelungen

29. Juni 1855:                Bekanntmachung des Ministeriums des Innern: Verbot der Behelligung der Auswanderer mit Anpreisungen und Bereden

10. Juni 1857:                Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Verbot des Fahrkartenverkaufs für Bahnreisen in den USA

StO: Rep 350 Ibg., Nr. 4970 (Amt Iburg)

20. August 1844:            Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Festlegung des Reisegeldes und schriftliche Charakteristik der Überzusiedelnden.

2. Mai 1845:                  Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Benachrichtigung des Amtes Lehe in Bezug auf Überzusiedelnde, 45 Taler Kostenerstattung

2. Mai 1845:                  Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Erhöhung der Übersiedelungskosten auf 60 Taler Courant

23. August 1851:            Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Einstellung der Verschiffung von Sträflingen etc. für die Dauer dieses Jahres

18. April 1868:               Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Ende der Mitfinanzierung der Übersiedelung von Sträflingen

StO: Rep 350 Ibg., Nr. 4971 (Amt Iburg)

21. Oktober 1844:         Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Innerdeutsche Reiseroute der übersiedelnden Verbrecher nach Lehe (Franz Heinrich Kenkamp)

14. Dezember 1845:       Schreiben der Gemeinde Hilter an das Amt Iburg: Überfahrtkosten

6. August 1857:              Schreiben der Gemeinde Dissen an das Amt Iburg: Bevorzugte Übersiedlung von Taugenichten nach Galveston oder Texas auf Empfehlung eines Bremer Agenten (Heinrich Wilhelm Schäffer)

14. August 1857:            Schreiben der Polizei-Direction Bremen an das Amt Dissen zu Iburg: Verbot der Beförderung entlassener Strafgefangener (Heinrich Wilhelm Schäffer)

StO: Rep 350 Ibg., Nr. 4972 (Amt Iburg)

[ohne Datum]                 Akte Gerhard Heinrich Gibbemeyer


StO: Rep 355, Nr. 4247 I

18. April 1834:               Schreiben der Landdrostei Osnabrück an das Ministerium des Innern in Hannover: Auswanderung 1832/33

16. Dezember 1834:       Schreiben des Amtes Bersenbrück an die Landdrostei Osnabrück: Verbot privater öffentlicher Auswanderer-Anwerbung

13. Januar 1835:            Schreiben des Amtes Osnabrück an die Landdrostei Osnabrück: Auswanderung 1834

StO: Rep 355, Nr. 4247 II

15. Januar 1836:            Schreiben des Magistrats der Stadt Osnabrück an die Landdrostei Osnabrück: Auswanderung 1832-1835

StO: Rep 360 Vogtei Dissen-Hilter, Nr. 9

29. Januar 1846:            Schreiben der Vogtei Dissen-Hilter an das Amt Iburg: Übersiedelung des Bernhard Heinrich Lahrmann

2. Februar 1846:            Schreiben des Amtes Iburg an die Vogtei Dissen-Hilter: Übersiedelung des Bernhard Heinrich Lahrmann

StO: Rep 450 Bersenbrück, Nr. 20

7. Mai 1832:                  Schreiben der Landdrostei Osnabrück: Verbot privater öffentlicher Auswanderer-Anwerbung

B       Übersiedelungsfälle

Bodenstab (StO: Dep 61b, Stadt Neuenhaus, Nr. 893; Rep 350 Neuhs., Nr. 865)

-           Schriftstücke vom 22. Dezember 1862, 17. Januar 1863, 17. Februar 1863, 18. März 1863, 23. April 1863, 29. April 1863, 29. Juni 1863. 11. Juli 1863, 28. Juli 1863, 14. August 1863, 24. August 1863

Böhmer / Tewitz / Rosenberg (StO: Rep 350 Wit., Nr. 2924. Amt Wittlage – Hunteburg)

-           Schriftstücke vom 9. Februar 1839, 15. März 1839, 25. März 1839, 24. Mai 1839, 21. Juni 1839, 22. Juni 1839, 1. Juli 1839, 22. August 1839, 8. November 1839

Hartmann (StO: Rep 350 Ibg., Nr. 4971; Nr. 7894i; Rep 335, Nr. 808)

-           Schriftstücke vom 1. Juli 1856, 25. Juli 1856, 26. August 1856, 13. August 1859

Jansen (StO: Dep 62b, Nr. 2944. Meppen)

-           Schriftstücke vom 9. Juli 1842, 10. Juli 1842, 13. September 1842, 10. Dezember 1842

Lembrock (StO: Rep 350 Grö., Nr. 101. Amt Grönenberg)

-           Schriftstücke vom 18. April 1842, 22. April 1842, 1. Juli 1842

Meyer aus Dissen (StO: Rep 350 Ibg., Nr. 7910, Nr. 4971)

-           Schriftstücke vom 28. März 1854, 3. Juni 1854, 12. Juni 1854, 22. Juni 1854, 10. April 1855, 15. Juni 1855, 17. Januar 1856, 25. Januar 1856

Möller (StO: Rep 350 Grö., Nr. 100. Amt Grönenberg)

-           Schriftstücke vom 17. Februar 1842, 1. April 1842, 23. April 1842

Schulte (StO: Rep 350 Ibg., Nr. 4970. Amt Iburg)

-           Schriftstücke vom 19. April 1836, 21. April 1836, 3. Oktober 1836, 4. Oktober 1836, 8. Oktober 1836, 11. Mai 1837, 7. Oktober 1837, 16. Oktober 1837, 11. Dezember 1837, 19. Februar 1838, 20. Februar 1838, 23. Februar 1838, 25. Februar 1838, 16. März 1838, 23. März 1838, 6. April 1838, 30. April 1838, 1. Mai 1838, 7. Mai 1838, 21. Mai 1838, 29. Mai 1838, 1. Juni 1838, 4. Juni 1838, 25. Juni 1838, 8. Juli 1838, 9. Juli 1838, 7. August 1838, 14. September 1838

Snoeing (StO: Dep 61b Stadt Neuhaus, Nr. 891; Rep 350 Neuhs., Nr. 864)

-           Schriftstücke vom 5. April 1859, 7. April 1859, 14. April 1859, 18. April 1859, 11. Mai 1859, 28. Mai 1859, 27. März 1864, 21. April 1864, 20. Mai 1864, 5. Juli 1864

Stichweh (StO: Rep 350 Bers., Nr. 899)

-           Schriftstücke vom 23. September 1862, 6. Oktober 1862, 15. Oktober 1862, 27. Oktober 1862, 26. November 1862, 9. Dezember 1862, 5. Januar 1863, 15. September 1863

Stürmann (StO: Rep 350 Ibg., Nr. 7959)

-           Schriftstücke vom 14. November 1842, 28. Februar 1844, 18. März 1844, 22. März 1844, 16. Juni 1844, 6. Juli 1844, 7. August 1847, 19. März 1849, 28. September 1849

Tietz (StO: Rep 350 Ibg., Nr. 4971; StO: Rep 360, Vogtei Dissen – Hilter, Nr. 9)

-           Schriftstücke vom 21. Dezember 1844, 4. Februar 1845, 18. März 1845, 19. April 1845, 30. April 1845, 17. Mai 1845, 21. Mai 1845

Valentin (StO: Rep 350 Ibg., Nr. 4972)

-           Schriftstücke vom 29. März 1865, 13. April 1865, 31. Juli 1865, 7. August 1865

National Archives, Washington D.C.

National Archives Microfilm Publications (NAMP):

-            M 237 New York, Rolle 161: „Eberhard“, Bremerhaven – New York, 6. Mai 1856

-            M 237 New York, Rolle 195: „Laura“, Bremerhaven – New York, 25. August 1859

-            M 237 New York, Rolle 244: „Stella“, Bremerhaven – New York, 17. August 1864

-            M 237 New York, Rolle 255: „Nordstern“, Bremerhaven – New York, 12. August 1865

-            M 255 Baltimore, Rolle 1: „Phoenix“, Bremerhaven – Baltimore, 27. Juli 1835

-            M 255 Baltimore, Rolle 3: „Elise“, Bremerhaven – Baltimore, 8. Juni 1842

-            M 255 Baltimore, Rolle 4: „Republic“, Bremerhaven – Baltimore, 22. Dezember 1843

-            M 259 New Orleans, Rolle 31: „India“, Bremerhaven – New Orleans, 26. November 1849

-            M 259 New Orleans, Rolle 48: „Magdalene“, Bremerhaven – New Orleans, 5. November 1859

-            M 259 New Orleans, Rolle 51: „Johanna Wilhelmina“, Bremerhaven – New Orleans, 22. November 1866

[Diese hier in Bezug auf die Literatur aktualisierten Aufsätze sind im Zusammenhang mit der Ausstellung „Schöne Neue Welt   -   Rheinländer erobern Amerika“ für das LVR-Freilichtmuseum Kommern erstellten worden und erstmals erschienen in: Rheinisches Freilichtmuseum und Landesmuseum für Volkskunde (Hg.): Schöne Neue Welt. Rheinländer erobern Amerika. Band II. Wiehl: Martina Galunder Verlag 2001, 185-214 (Vgl. http://www.migration.lvr.de).]



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Forschungsstelle Deutsche Auswanderer in den USA - DAUSA * Prof.(pens.) Dr. Antonius Holtmann Brüderstraße 21 a -26188 Edewecht - Friedrichsfehn *Kontakt: antonius.holtmann@ewetel.net